Geschichte der Wolgadeutschen

ERZÄHLUNGEN WOLGADEUTSCHER
SOWJETSCHRIFTSTELLER


Erzählungen wolgadeutscher Sowjetschriftsteller. 1. Sammelband. 1917-1929. / Hrsg. von J. Sinner. – Engels: Deutscher Staatsverlag, 1933. – 159 S.

Erzählungen wolgadeutscher Sowjetschriftsteller. 2. Sammelband. 1929-1933. / Hrsg. von J. Sinner. – Engels: Deutscher Staatsverlag, 1933. – 135 S.


1. Sammelband. 1917-1929.

VORWORT

Das vorliegende Buch ist der erste Sammelband Wolgadeutscher proletarischer Erzählungen hauptsächlich aus den Jahren 1917—1929. Einige hier gebrachte Erzählungen aus späteren Jahren gehören ihrem Inhalte nach in diese Zeitspanne. Dem ersten Band folgt ein zweiter und zum 15. Jahrestag der Autonomie der Wolgadeutschen Republik, soll der dritte Sammelband erscheinen.

Dieses Buch enthält die wichtigsten Erzählungen und Feuilletons, die seinerzeit in verschiedenen Zeitungen und Journalen veröffentlich wurden. Die Sammlung ist ein geschichtliches Dokument des sozialistischen national-kulturellen Aufbaus, das nur dank der richtigen Durchführung der Leninschen National-Politik Zustandekommen konnte.

„Die nationalen Kulturen“, sagt Genosse Stalin, „müssen die Möglichkeit erhalten, sich zu entwickeln und zu entfalten, ihre eigene Leistungsfähigkeit zu offenbaren, um dadurch die Vorbedingungen für ihre Verschmelzung in eine gemeinsame Kultur mit einer gemeinsamen Sprache zu schaffen“.

Wir haben durch unser literarisches Schaffen, ob gut oder schlecht, unsere Leistungsfähigkeit offenbart, die nur dank der Oktoberrevolution für die Arbeiter und werktätigen Bauernmassen möglich war. Die zaristische Verdummungs- und Russifizierungspolitik hat ohne Zweifel tiefe Wunden geschlagen und als nationaler Minderheit wurde jegliches Kulturleben in unseren Kolonien in seinen Anfängen niedergedrückt und abgewürgt. Die deutsche Sprache war verboten und durfte in den Schulen nicht vorgetragen werden. Nur selten gelang es, und dann gewöhnlich nur Intellektuellen, sich durch Selbstbildung von den bäuerlichen Mundarten zur allgemeinen Literatursprache emporzuarbeiten.

Während der Oktoberrevolution erwachten neue Kräfte. Die meisten unserer Schriftsteller griffen zum erstenmal erst nach der Oktoberrevolution zur Feder. Die größten Schwierigkeiten machte das Nichtbeherrschen der Sprache. Als gewöhnliche Zeitungskorrespondenten haben sie ihren Anfang gemacht, sich vorwärtsgearbeitet, und bis 1929 eine Stufe des künstlerischen Schaffens erreicht, die wir mit diesem Buche aufweisen können. Wir können nicht umhin darauf hinzuweisen, daß Entgleisungen und Schwankungen auf dem Gebiete des literarischen Schaffens, des öfteren stark zur Geltung kommen.

Die vorliegende Arbeit soll die Aufmerksamkeit der Sowjetöffentlichkeit für die Hebung der Kunstliteratur auf sich lenken und immer breitere Kreise der Schriftsteller aus den Reihen der Arbeiter und Kollektivisten für literarisches Schaffen gewinnen.

Dieses Buch lieferte dem Sammler die unwiderlegbaren Beweise daß unsere Kunstliteratur unmittelbar im Kampf für die Durchführung der Generallinie der Partei entstanden ist und direkt im Dienst des sozialistischen Aufbaus stand. Sie war eine scharfe Waffe im Klassenkampf, die sofort auf die brennenden wirtschaftlich-politischen Aufgaben reagierte. Natürlich sind nicht alle Dichter gleich stark, was in dem sozialen Bestand, der oftmals politischen Unreife und dem Fehlen einer Dichterorganisation zu suchen ist. Des öfteren haben Erzählungen und Feuilletons, die seinerzeit eine große Rolle spielten, heute an Aktualität bedeutend verloren.

In denjenigen Erzählungen, wo die behandelten Personen mit vollem Namen genannt wurden, haben wir nur die Initialen beibehalten. Die Spuren des persönlichen Angriffes sind dadurch verwischt, da dieses Moment weiter keinen geschichtlichen Wert hat. Auch wurden hie und da belanglose mundartliche Ausdrücke in die Literatursprache übertragen, ohne dabei der Eigenart der Erzählung zu schaden.

Es muß als ein Mangel angesehen werden, daß die — in unseren Verhältnissen — nationalen Minderheiten fast gar nicht vertreten sind. Außer drei aus dem Russischen übersetzten Erzählungen, enthält diese Sammlung nur Literatur der deutschen Bevölkerung.

Bei der Sammelarbeit haben wir uns von dem Gedanken leiten lassen, nicht nur den geschichtlichen Entwicklungsgang der Literatur zu zeigen, sondern aus allen Hauptfragen des sozialpolitischen Lebens einige Momente zu bringen, um ein volles Bild zu geben.

Im ganzen rechnen wir darauf, daß diese Sammlung zum Studium der Wolgadeutschen Literaturgeschichte beitragen wird, und das zusammengestellte Literaturverzeichnis ergänzt für dieses Studium die nicht veröffentlichte Literatur.

Engels, 1. Februar 1933.

J. S.


INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort 3
Dem Licht entgegen (Fr. Bach) 5
Des Werwolfs Tod (Fr. Bach) 8
Deiwelskunscht (Fr. Bach) 11
Der Inspektor kommt (Jörg Bern) 13
Gegen den Strom (Walter Born) 19
Ein tückisches Element (Walter Born) 25
Heimkehr (Doris) 29
Der Umsturz (E. Ewald) 32
Banditen (E. Ewald) 35
Kulakenhochzeit (A. Erfurt) 39
„Pensioniert“ (Joh. Fritzler) 42
Der Direktor auf den Knien (A. Freimann) 43
Ein Lebensbild der Gegenwart (A. Freimann) 46
Weshalb Hannes seinen Spiegel wieder verkaufte (A. Freimann) 50
Minna (A. Freimann) 53
Aus der Vergangenheit (A. Gaiworonski) 55
In unserem Gebiet (A. Heim) 59
D’r Lappert (B. Heim) 60
Die Pfeifer protzen (Harry Holstein) 67
Blutfeier am Karaman (M. Junker) 70
Wie sie starb (W. K.) 73
Ein Abend in der Steppe (S. Kappes) 75
Im Schneegestöber (J. R.) 75
Am oberen Karaman (P. M.) 77
Das Schwanenpaar (Karl Müller) 79
Guttels Jab (Christian Ölberg) 81
Menschenfreunde (Ch. Ölberg) 85
„Soll wose“ (Orion) 89
Gold (Orion) 91
Der Date (Ch. Ölberg) 92
Die Hausfrau (Ch. Ölberg) 97
Der „Schlehetag“ (Ch. Balthasar) 100
An den Brudergräbern (S. Pachomow) 101
Die Hebamme (E. P.) 104
Die Sorge (E. R.) 108
Unser Feind (I. Rothärmel) 110
Vom Sensenmann (Harro Stahl) 112
Ein Märchen aus unseren Tagen (Harro Stahl) 114
Uff die Ausstellung (Harro Stahl) 115
Noch ’n Spez (Harro Stahl) 117
In der Steppe (Harro Stahl) 118
Wiesenmüller (Harro Stahl) 119
„Hochzeit in unsrer Eck“ (Harro Stahl) 123
Eis und Menschen (M. Steger) 125
Heimweh (Joh. Schaufler) 127
Eine Seite aus der Geschichte (Andreas Saks) 131
Denn unsre Fahn ist rot (P. S.) 136
Dr Jak (Al. Stahl) 137
Bacon (Mich. Teplow) 138
Der Totgeglaubter (P. W.) 141
Als ich Soldat war (J. Weber) 142
Deutsche in der zaristischen Armee 148
Vor zehn Jahren (S.) 151
Literaturverzeichnis 153

2. Sammelband. 1929-1933.

VORWORT

Vorliegendes Buch schließt sich dem schon erschienenen ersten Sammelband Wolgadeutscher proletarischer Erzählungen aus den Jahren 1917—1929 an und enthält das Sammelmaterial aus den Jahren 1929—1933. Eine solche chronologische Einteilung der Wolgadeutschen Literatur ist kein Zufall. Der hier behandelte Zeitabschnitt ist durch den: Aufschwung in der Literatur gekennzeichnet und spricht von einer prinzipiell höheren Stufe des literarischen Schaffens.

Die Periode von 1929—1933 ist die Zeit der kompakten Kollektivisierung der Wolgadeutschen Republik und die Vollendung des Fundaments der sozialistischen Ökonomik. Sie ist ein historischer Zeitabschnitt der großen Aktivität der Werktätigen, die im Kampfe gegen den Klassenfeind, unter der Führung unserer Kommunistischen Partei, den ersten Fünfjahrplan mit großen Errungenschaften abgeschlossen haben.

Auch in der Literatur wächst überaus stark die Aktivität der proletarischen Schriftsteller. Neue Dichter treten an die Öffentlichkeit. Namen, die im ersten Sammelband gar nicht oder fast nicht zu finden: sind, haben in der letzten Periode die führende Stellung in der Literatur. Der Kampf für den kollektivwirtschaftlichen Aufbau und die organisatorisch-wirtschaftliche Festigung der Kollektivwirtschaften sind die Hauptthemen des hier behandelten Problems. Kleine Versuche künstlerischer Darstellung der Industrie sind allerdings vorhanden.

Der erste Kongreß der Wolgadeutschen Assoziation proletarischer Schriftsteller 1931 hat einen großen Umschwung in der Wolgadeutschen Literatur geschaffen. Die Konkretheit der literarischen Produktion und die Darstellung der Helden des sozialistischen Aufbaus ist für die letzten literarischen Erzeugnisse charakteristisch.

Obgleich wir mit dem vorliegenden Sammelband einen erheblichen Fortschritt in der Literatur zu vermerken haben, so muß doch allen Ernstes unterstrichen werden, daß einige Schriftsteller, trotz ihrer Begabung, keine wertvollen Kunstwerke schaffen, da sie das Material nicht genug bearbeiten. Auch wird von einigen Schriftstellern das literarische Erbe zu wenig ausgenützt. Unsere Schriftstellerorganisation muß einen systematischen Kampf für die Beherrschung der schriftstellerischen Technik führen und mehr Arbeiter von den Betrieben und Kollektivisten-Stoßbrigadler für die literarische Arbeit heranbilden.

Das zusammengestellte Literaturverzeichnis soll die Erforschung der Wolgadeutschen Literatur erleichtern.

J. S.

Engels, 25. Februar 1933.


INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort 3
Der besiegte Hamster 4
„Streikbrecher“ — Belly-Boaro 6
„Stoßbrigadler“ und „Stürmer“ — Belly-Boaro 7
Traktorist Hermann — Belly-Boaro 12
Der Kongreß der Dreihundert — Belly-Boaro 13
Frischer Schnee — Har у Dönhoff 16
Kollektivumwahl — Arno Grimm 19
Für was Michel prämiiert wurde — A. Herdt 21
Den Heinrich hot recht — A. Herdt 24
Der verlorene Esel — Harry Dönhoff 27
Alarm — M. Funker 30
Vetter Christian als Kollektivist — H. Kämpf 34
Ich schätze die Pferde 36
Eine unerwartete Begegnung — Ölscheidt 38
Der Orden der „Roten Fahne“ — Ölscheidt 41
Schlepptau — Ölberg 43
Der erste Traktor — Ölberg 45
Arbeitshelden an der Wolga — H. Paul 47
Ein sozialistischer Leuchtturm in der Steppe — J. Rothermel 49
Die Steppe singt ein neues Lied — J. Rothermel 53
Die Symphonie der kollektiven Arbeit — J. Rothermel 55
Der Sieg — J. Rothermel 58
Die Familie des Kollektivisten Damm — J. Rothermel 60
Wenn die Kathrin lacht — J. Rothermel 63
Zwei Kurven — J. Rothermel 65
’s Alte stinkt — J. Schaufler 69
Anstatt zwaa Schritt — drei — J. Schaufler 73
Der Deserteur — J. Schaufler 76
Stephan der Pressestoßbrigadler — J. Schaufler 80
Schickt freie Kräfte auf den „Spartakus“ — J. Schaufler 83
Brigadenaktiv — J. Schaufler 86
So wächst das Neue — A. Saks 92
Ein Glied vom Ganzen — A. Saks 98
Ich kneppe ein — Harro Stahl 100
Nicht Worte sind nötig, sondern Taten — Sawatsky 102
Schwed bleibt Schwed — M. Steger 105
Rosendamm von 1922 vor dem proletarischen Gericht — M. Steger 108
S-O-S — M. Steger 116
Die Hengste gehen durch — D. Schellenberg 119
Die Kolonnen der Arbeit siegen 123
Strohköpfe — L. Turek 126
Im Kampfe zum Komsomol — D. Wagner 128
Literaturverzeichnis 132