Geschichte der Wolgadeutschen

SERGEJ TERJOCHIN

DEUTSCHE ARCHITEKTUR AN DER WOLGA


Terjochin, S.: Deutsche Architektur an der Wolga. / Übersetzt aus dem Russischen von Annelore Engel-Braunschmidt. Verein für das Deutschtum im Ausland (Hrsg.). – Berlin; Bonn: Westkreuz-Verlag, 1993. – 88 S.

ISBN 3-922131-91-3


„Die Geschichte der Rußlanddeutschen ist seit langem ausführlich geschildert, die Kultur hingegen seltener; und es gibt nur sehr wenige Arbeiten, die der Architektur gewidmet sind. Wir hoffen, diese Lücke teilweise zu schließen und benutzen dazu verschiedene Dokumente, historische Bilder und heutige Aufnahmen, die das Vergangene und das Gegenwärtige der deutschen Architektur an der Wolga zeigen. Das Buch, als ,Martyrolog‘ gedacht, ist Album und Chronik zugleich...“

Sergej Terjochin wurde 1962 in Saratow geboren (sein Urgroßvater Andreas Stoll, von Wolgadeutschen Kolonisten abstammend, betrieb zusammen mit den Brüdern seit 1897 in Pokrowsk eine Dampfmühle). Nach Beendigung des Polytechnischen Insituts in Saratow (1984) studierte Terjochin am Institut für Architektur und Städtebau in Moskau und schrieb seine Kandidatendissertation über „die Entwicklung des Städtebaus im Saratower Wolgagebiet in der zweiten Hälfte des 18. und ersten des 19. Jahrhunderts“ – als Dozent für Baugeschichte am Polytechnischen Institut – wieder in Saratow. Sein besonderes Interesse gilt der Architekturgeschichte der Deutschen an der Wolga, den Wechselbeziehungen zwischen deutscher und russischer Architektur im 19. Jahrhundert sowie der Denkmalpflege.

Veröffentlichungen: Veka i kamni. Pamjatniki architektury Saratovskoj oblasti (Jahrhunderte und Steine. Architekturdenkmäler im Gebiet Saratow), Saratow 1990. – Zahlreiche Aufsätze, darunter: „Dvaždy pereselennye“ (Дважды переселенные) (Zweimal umgesiedelt). In: Wolga (Saratow), Nr. 7(1989), S. 131-143. – Die Architektur der deutschen Umsiedler. In: Heimatliche Weiten (Moskau), Nr. 1 (1990), S. 230-242. – Entstehung und Entwicklung der Umsiedler-Architektur in den deutschen Wolga-Kolonien. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte (München), Bd. 57 (1991), S. 1-19.


Ein Martyrolog deutscher Architektur an der Wolga

Eigentlich ist mein Buch einem Martyrolog vergleichbar. Dieser Gedanke kam mir, als ich in einer 1991 in Moskau erschienenen Publikation über „Katholizismus“ die folgende Definition las: „Martyrolog bedeutet: ein Namensverzeichnis christlicher Märtyrer. Ursprünglich war es ein Kalender, in dem der Name des Märtyrers, der Ort seiner Leiden und sein Gedenktag genannt wurden. Später kamen dann die Lebensbeschreibungen der Heiligen hinzu. A m bekanntesten ist wohl der Martyrolog aus dem Jahre 1584, der mit Ergänzungen bis heute als offizielles Dokument der katholischen Kirche gilt.“

Die Lutheraner mögen es dem Verfasser nicht verübeln, wenn er einen Begriff gebraucht, der aus einer anderen Konfession stammt. Die Katholiken sehen es vielleicht nicht gern, daß dieses für sie mit einer bestimmten Aura umgebene Wort überhaupt gebraucht wird. Die Atheisten sind wahrscheinlich dagegen, daß ein aus dem religiösen Bereich entnommener Begriff verwendet wird. Aber kein anderer bezeichnet die Sache besser. Hier werden ja keine Meisterwerke der Architektur vorgeführt, sondern ist die Rede von Bauten, die die Deutschen an der Wolga im Verlauf von zwei Jahrhunderten errichtet haben, und von dem traurigen Schicksal dieser Bauten.

Wir wollen nach Kräften dazu beitragen, alles das im Gedächtnis der Deutschen zu bewahren — nicht nur der Deutschen von der Wolga, sondern auch jener, die heute in Deutschland, Rußland und Amerika leben, denen sich das Herz zusammenkrampft, wenn sie eine zerstörte deutsche Kirche sehen, denen die Hand zittert, wenn sie die Reste eines einst mit Ziegeln gedeckten, nun aber verlassenen und verfallenen Hauses berühren. Dem Verfasser geht es genauso, und deshalb hat er es gewagt, seine Dokumentation über das Gewesene und nur noch rudimentär Vorhandene mit dem Märtyrerbuch zu vergleichen.

Saratow, Mai 1992

Sergej Terjochin


INHALT

Vorwort / Martyrolog
7

Die Anfänge
9

Planung der Kolonien
20

Der Sonderfall Sarepta
27

Ländliche und städtische Siedlungen am Anfang des 19. Jahrhunderts
29

Bebauung der Kolonien
33

Kirchen
41

Die Siedler-Architektur und die Städte an der Wolga
54

Schluß
75

Resümee in russischer Sprache
78

Anmerkungen
81

Verzeichnis der Abkürzungen
83

Nachweis der Abbildungen
84

Personalia
85