Geschichte der Wolgadeutschen

FRIEDENSBOTEN–KALENDER

AUF DAS JAHR 1913


Kolonialgeschichtliches
von Pastor J. Erbes, Wolskaja.

Aus dem großen Notjahr 1833.

Jenes Jahr war eines der allerschwersten, welches Rußland in den letzten 100 Jahren durchzumachen hatte. Im ganzen Reiche war Mißwachs gewesen. Auch in sämtlichen Kolonien auf Berg- und Wiesenseite. Scharenweise wanderten die Leute aus an den Kaukasus oder die sogenannte Linie. Seit jenem Jahre haben diese Auswanderungen an die Linie ihren eigentlichen Anfang genommen und gehen ununterbrochen bis zum heutigen Tage fort. Das schwere Jahr 1833 aber ist dem Gedächtnis unserer Leute so gut wie entschwunden. Nur bei diesem und jenem Alten ist die Kunde darüber aus des Vaters Mund haften geblieben. So feiert z. B. die Gemeinde Jablonowka (Lauwe) auf der Wiesenseite alljährlich am 7. Juni einen sogenannten Heuschreckentag zur Erinnerung an die schwere Heuschreckenplage in den 40-er Jahren. Ein alter Mann aus der Gemeinde wollte aber wissen, daß nach seines seligen Vaters Aussagen dieser Gedächtnistag auf das arme Jahr 1833 zurückweisen solle.

Einiges aus diesem Jahre berichtet nun in seinen Aufzeichnungen Schulmeister Bath, weiland Schulmeister in Dietel auf der Bergfeite. Er schreibt folgendes:

„1833 d. 27. April in der Nacht auf den 28. gab es Sturm und Schnee, so daß in Dietel 59 Pferde und 23 Stück Hornvieh krepiert sind. In der Nacht auf den 29. April hat sich der Himmel aufgeklärt, aber es hat so gefroren, daß Pferd und Wagen über alles hinweggehen konnte, ohne daß man eine Spur sah. In Huck ist ein gewisser Völker mit seinen 2 minderjährigen Söhnen erfroren. Aber der Saat im Felde hat der Frost keinen Schaden getan. Am 11. Mai Schnee und Kissel. Vom 11. in der Nacht auf den 12. hart gefroren.“ —


Friedensboten–Kalender auf das Jahr 1913. – Talowka bei Saratow a/Wolga: Verlag der Buchhandlung Eben-Ezer, S. 120.