Geschichte der Wolgadeutschen

PROF. DR. WOLF VON UNWERTH

PROBEN DEUTSCHRUSSISCHER MUNDARTEN
AUS DEN WOLGAKOLONIEN UND DEM GOUVERNEMENT CHERSON


Unwerth, W., von: Proben deutschrussischer Mundarten aus den Wolgakolonien und dem Gouvernement Cherson. / Einzelausgabe. Aus den Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1918. Phil.-hist. Klasse. Nr. 11. – Berlin: Verlag der Akademie der Wissenschaften, in Kommission bei Georg Reimer, 1918. – 94 S.

Zeitschrift Einzelausgabe

Das im folgenden mitgeteilte und verarbeitete Sprachmaterial aus den Mundarten hochdeutscher Kolonisten im südlichen Rußland wurde gesammelt im Auftrage und mit Unterstützung der Deutschen Commission der Königl. Preuß. Akademie der Wissenschaften, die im Jahre 1917 an eine Untersuchung der in den deutschen Kriegsgefangnenlagern vertretenen germanischen Mundarten herantrat und der die dazu nötigen Mittel durch das Curatorium der Hermann- und Elise, geb. Heckmnnn-Wentzel-Stiftung gewahrt wurden. Nach einem kurzen vorbereitenden Besuch im Lager Münster wandte ich mich nach dem nur für Deutschrussen bestimmten Gefangnenlager Holthausen in Westfalen und zeichnete im März, April und Juni 1917 teils in Schloß Holthausen selbst, teils in den benachbarten Städten Büren und Geseke, wohin zahlreiche Angehörige des Lagers auf Arbeit vermietet waren, reichliche Proben von deutschrussischen Mundarten auf. Dem Kommandanten von Holthausen, Herrn Hauptmann Siebke, bin ich zu Dank verpflichtet für die Freundlichkeit, mit der er mir meine Arbeit in jeder Weise zu erleichtern bemüht war.

Da die Deutsche Commission sich von vornherein damit einverstanden erklärt hatte, daß ihr nicht bloß eine Sammlung von Sprachproben, sondern ein bereits grammatisch und geographisch verarbeitetes Material eingegeliefert würde, so habe ich eben im Hinblick auf eine vergleichende dialektgeographische Verwertung bei den Aufnahmen stets an erster Stelle die 40 Sätze des Wenkerschen Sprachatlas berücksichtigt. Was allein schon mit Hilfe des in ihnen enthaltenen Sprachstoffes sich erreichen läßt, das dürfte aus den geographischen Abschnitten meiner Arbeit deutlich hervorgehen. Ich habe in diesen Partien über die Grenzen wichtiger Spracherscheinungen öfters ausführlichere Angaben gemacht, als im einzelnen Falle unbedingt nötig gewesen wäre. Denn ich hoffe, daß durch eine gewisse Vollständigkeit in dieser Beziehung meine Abhandlung etwaigen Nachfolgern auf (dem gleichen Gebiet, denen nicht wie mir der Sprachatlas stets zur bequemen und ausgiebigen Benutzung zur Hand ist, ein brauchbares Hilfsmittel werden kann. Auch mir wäre eine derartig gewinnbringende Verwertung der Atlasmaterialien nicht möglich gewesen ohne die freundschaftliche, hilfsbereite Unterstützung von Herrn Prof F. Wrede, der mich in Marburg Monate hindurch nicht nur die fertigen Karten, sondern auch die vorbereitenden Pausblätter und die dem ganzen Unternehmen zugrundeliegenden Fragebogenformulare mit größter Freiheit benutzen ließ. Ich ergreife die Gelegenheit, ihm für seine fördernde Teilnahme an der vorliegenden Arbeit meinen herzlichen Dank auszusprechen.

Was die Zuverlässigkeit des benutzten Sprachmaterials angeht, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß jüngere Leute im militärpflichtigen Alter, noch dazu solche, die durch die Kriegsereignisse vielfach schon Jahre hindurch von jedem Umgang mit gleichsprachigen Heimatsgenossen ausgeschlossen waren, gewiß nicht die Gewährsleute sind, die man sich bei der Möglichkeit freier Wahl als Objekte für Mundartenstudien aussuchen würde. Schwankend gewordenes Sprachgefühl und fremde Einwirkungen sind bei ihnen überall als Fehlerquellen in Betracht zu ziehen. Dazu kommt, daß die deutsch russischen Kolonisten im allgemeinen eine gute deutsche Schulbildung besitzen. Die Schriftsprache ist ihnen aus Schule und Kirche geläufig, und ich habe unter meinen Gewährsleuten keinen gefunden, der neben der heimischen Mundart nicht zum wenigsten noch ein dialektisch gefärbtes Hochdeutsch gesprochen hätte. Man muß also mit der Möglichkeit rechnen, daß eingehendere, in den Kolonistendörfern selbst vorzunehmende Untersuchungen manche Berichtigung meiner Darstellung bringen werden. Trotzdem glaube ich, daß mit der Feststellung einiger deutlicher Typen unter den deutschrussischen Mundarten und durch ihre Vergleichung mit den Dialekten des Heimatsgebietes bereits brauchbare Grundlagen für eine künftige erschöpfende Behandlung des Themas gewonnen sind, falls eine solche bei der weiteren Entwicklung der Verhältnisse in Rußland zukünftig überhaupt noch möglich ist.


Inhaltsangabe
Seite
Einleitung 5

1. Kapitel. Vogelsberg- und Spessartmundarten
10
  Proben I (Jagodnaja Poljana), II (Neu-Norka), III (Köhler). Grammatischer Abriß der Mundart von Neu-Norka. Heimatsbestimmung für Probe I und II. Zur Grammatik und Heimatsbestimmung von Probe III.  

2. Kapitel. Hessisch-pfälzische Mundarten
39
  Proben IV (Schäfer), V (Neu-Weimar), VI (Preus). Grammatischer Abriß der Mundart von Neu-Weimar. Heimatsbestimmung für Probe IV und V. Weitere Mundarien des gleichen Typus.  

3. Kapitel. West pfälzische Mundarten
59
  Proben VII (Marienthal) und VIII (Groß-Liebenthal). Grammatischer Abriß der Mundart von Marienthal. Heimatsbestimmung für Probe VII und VIII.  

4. Kapitel. Nordelsässische und südostpfälzische Mundarten
74
  Proben IX (Mannheim) und X (Speier). Grammatischer Abriß der Mundart von Mannheim. Heimatsbestimmung für Probe IX. Zur Grammatik und Heimatsbestimmung von Probe X.  

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