Geschichte der Wolgadeutschen

3. Selektionssamen.

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Дата размещения: 29.04.2021


Селекционные семена


Selektionssamen.

Der Ernteertrag von einer Deßjatine schwank: in unserer Republik von Jahr zu Jahr sehr stark. Während in manchen Jahren der Ernteertrag bis auf 70, ja 100 Pud von der Deßjatine geht, wird in andern nicht einmal der Samen geerntet. Sie häufigen Mißernten sind eine Folge der äußerst geringen jährlichen Niederschlagsmenge und der ungleichmäßigen und ungünstigen Verteilung derselben über das Jahr. Daher ist eines der besten Mittel im Kampf gegen die Mißernte die Anpflanzung solcher Getreidesorten, welche der Dürre gut standhalten. In dieser Richtung arbeiten die Agronomen, und auf den agronomischen Versuchsstationen werden solche Sorten herangezogen. Das Diagramm zeigt um wieviel höher der Ertrag von Selektionssamen, d. h. vom Samen solcher dürrebeständigen Sorten ist als der Ertrag von gewöhnlichem Samen. Dabei ist daran zu erinnern, daß das Jahr 1924 ein Jahr mit sehr niedrigem Ertrag, das Jahr 1925 mit einer Ernte über Mittel war. Und dabei ist nun zu sehen, daß der Ertrag von den Selektionssamen gerade im Mißerntejahr den vom gewöhnlichen Samen am meisten, und zwar um 150% übersteig (1925 nur um 76%). Noch stärker ist dieser Unterschied bei den Sonnenblumen (140% und 470%).

Die Ernteerträge in unserer Republik.

Der mittlere Ernteertrag für die Jahre 1909—1918 wurde erhalten, indem man die Ernten jedes einzelnen Jahres zusammenzählte und die Summe durch 10 teilte. Da in dieser Periode sowohl gute als schlechte Jahre waren, so kann der erhaltene Durchschnitt als richtig für die Republik der Wolgadeutschen im ganzen angesehen werden. Wenn inan die Ernteerträge unserer Republik mit denen des Auslandes vergleicht, so erhält man folgendes Bild:

In Holland erntet man 170 Pud von der Deßjatine, in Belgien 156, in England 147, in Deutschland 132, in Rußland war der Durchschnitt 45 und bei uns 25. Worin waren und sind die Ursachen dieses niedrigen Ernteertrages zu suchen?

Wenn bei uns, wie schon gesagt, der Regenmangel eine große Rolle spielt, so kann dieser Umstand doch beim Vergleich der russischen Ernteerträge mit den ausländischen nicht ausschlaggebend sein. Vielmehr ist hier entscheidend, daß die Politik der zarischen Negierung die Entwicklung der Bauernwirtschaf: aufhielt. Während die Großgrundbesitzer Landüberfluß hatten, fehlte es den Bauern an Land, und ihr Land war so zugemessen, daß sie von dem Gutsbesitzer abhängig waren, dem sie auch noch alle möglichen Zahlungen zu leisten hatten. Auch wurden die Bauern in Unwissenheit gehalten, und die gewaltigen Fortschritte der agronomischen Wissenschaft drangen nicht zu ihnen. Während in Westeuropa und Amerika schon längst das Vielfeldersystem eingeführt war, herrschte bei uns immer noch das viel weniger ertragreiche Dreifeldersystem. Mit einem Worte — die Armut und Rückständigkeit, in welcher das Regiment des Zaren, der Gutsbesitzer und Kapitalisten den Bauern hielt, das ist die Hauptursache der niederen Ernteerträge. Deshalb haben wir Grund zur Annahme, daß die gewaltige Arbeit, die von der Sowjetregierung seit etwa 6 Jahren zur Hebung der Kultur und Technik auf dem Dorf gerührt wird, ihre Früchte bald zeitigen wird.

Unsere ganze Wirtschaft wird auf Grundlage der modernen Technik und der Lehren der agronomischen Wissenschaft umgebaut. Die Frühbrache, das Vielfeldersystem, die Anwendung verbesserter Maschinen, die Kooperierung und die Kreditierung der armen und mittleren Bauernschaft, das alles zusammen mit der Einführung dürrebeständiger Kulturen wird in: Laufe der Zeit unsere Ernteerträge mit denen des Auslandes auf eine Stufe bringen oder sie sogar übertreffen. So wie sich uns beim Betrachten der Ernteerträge vergangener Jahrzehnte die Erinnerung an wirtschaftliche Ausbeutung und kulturelle Rückständigkeit der Bauernmasse unter der Herrschaft des Zaren aufdrängt, so werden spätere Geschlechter, wenn sie die Ernteerträge aus der Zeit nach der Revolution und ihr langsames, aber sicheres Ansteigen verfolgen werden, sich erinnern an die ungeheure wirtschaftliche und Kulturarbeit, welche die werktätige Bauernschaft der Sowjetunion unter der Führung ihrer Regierung gegenwärtig vollbringt.