Geschichte der Wolgadeutschen

ROBERT KORN

ZWEI SÄNGER DER WOLGA

GEORG LÖBSACK UND ALEXANDER WÜRTZ


Korn, Robert: Zwei Sänger der Wolga. Georg Löbsack und Alexander Würtz. – Lage (Westf.): BMV Verlag Robert Burau, 2013. – 315 S.

ISBN 978-3-935000-65-9


Das Buch ist vor Kurzem im Verlag Robert Burau erschienen. Es ist den unverdient vergessenen wolgadeutschen Autoren und Lyrikern gewidmet, nämlich Georg Löbsack, dessen 120-jähriges Jubiläum wir in diesem Jahr feiern dürfen, sowie Alexander Würtz, der in einem kommunistischen Konzentrationslager der SU umgekommen ist.

Im Klima von Repressionen, Zensur und engen künstlerischen Dogmata der Vor- und Nachkriegszeit, welche auch einige russlanddeutsche Autoren und Kritiker aufgriffen und auf ihre Fahnen schrieben, konnten von der offiziellen Linie abweichende Werke nur im Verborgenen oder im Ausland entstehen und existieren. Nur auf diese Weise gelang es einigen wolgadeutschen Autoren nennenswerte Werke zu schaffen, die in ihrer Gesamtheit immerhin eine Gegenströmung zu den literarischen Produkten des Sozialistischen Realismus bilden. Zu diesen Autoren gehören auch Georg Löbsack, dem 1918 die Flucht nach Deutschland gelang, wo er relativ früh starb, und Alexander Würtz, der sein Leben in einem kommunistischen KZ lassen musste.

In seinem neuen Buch, das dem Leben und Schaffen dieser Autoren gewidmet ist, unternimmt Robert Korn den Versuch, ihre Namen der Vergessenheit zu entreißen und der deutschen öffentlichkeit zu präsentieren.

Prof. Dr. Eduard Frank


Das Buch ist unter der Telefon-Nr. 06241/498549 zu bestellen


VORWORT DES VERFASSER

Im Lexikon „Russlanddeutsche Schriftsteller“ [2, 45, 46]* behauptet K. Ehrlich, er habe erstmalig (hervorgehoben durch den Verfasser. – R.K.) „die Periodisierung der Geschichte der russlanddeutschen Literatur" vorgenommen.** Mit dieser Behauptung werden nicht nur der Beitrag und die Leistungen von V. Klein, J. Warkentin, E. Kontschak, W. Ekkert, H. Belger u. a. ignoriert. K. Ehrlichs „Periodisierung“ verkennt eine ganze Reihe von Autoren, die in sein ideologisches Klischee nicht passen. Er stellt sich damit selbst in die Reihe der Literaturhistoriker, die dazu beigetragen haben, dass nach 1917 die Werke „vieler russlanddeutscher Autoren als Kulaken- und Pfaffenliteratur abgetan und... daher nicht mehr verlegt wurden“. [39, 49] Denn es hieß, dass solche Werke religiös gefärbt seien und im sozialistischen Aufbau des Landes nichts nützen. A. Minor meint in diesem Zusammenhang: „So behauptet Konstantin Ehrlich, dass die Kirche eine reaktionäre Kraft war und den Reichen half, die ,Kolonisten niederzuhalten, einen beliebigen rebellierenden Einfluss von auswärts auszuschalten. Nach Ehrlich versorgte die Kirche die deutschen Dörfer in Russland überwiegend mit Literatur christlichen Inhalts“. [39, 49; 6, 10] Die Ansichten Ehrlichs (geb. 1948) sind zweifellos auf die militanten Dogmata bolschewistischer Ideologie zurückzuführen, der nach 1917 auch einige deutsche Autoren in Russland auf den Leim gegangen sind. So schrieb A. Wulf bereits 1916:

Volk, willst du nun glücklich sein,
willst du dich des Lebens freuen?
Dann zerschlag das ganze Pack -
Kaiser, Pfaffe und Kulak!

Solche Autoren wurden unter anderem nicht müde, die „reaktionäre Rolle“ der in Sowjetrussland zu Beginn der 1930er Jahre praktisch vernichteten und in die Illegalität getriebenen deutschen Kirche aller Konfessionen zu betonen.

Der Terminus „Pfaffen- und Kulakenliteratur“ soll aber erst 1934 geprägt worden sein. [10, 38, 39] Er soll auf Alexander (Sándor) Barta (1897-1938) zurückgehen, einen ungarischen Exilschriftsteller, der 1925 in die Sowjetunion emigriert war und hier – wie viele ungarische und deutsche Emigranten – erstaunlich schnell Fuß fasste. Barta redigierte wichtige literarische Zeitschriften und spielte eine führende Rolle in der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller. [50, 159, 1. Sp.] Auf der ersten Unionskonferenz sowjetdeutscher Schriftsteller im Jahre 1934 behauptete Barta: „Eine bedeutende deutsche Literatur hat es in Russland vor der Oktoberrevolution überhaupt nicht gegeben. Es gab eine epigonenhafte Kulaken- und Pfaffenliteratur, neben der Einfuhr aus dem wilhelminischen Deutschland“. [52, 173]

Bartas Ansicht wurde offensichtlich als richtunggebend aufgefasst. Jedenfalls unterstützten ihn sofort einige sowjetdeutsche Autoren. Allen voran D. Schellenberg, der in seinem Artikel über die „Literatur der UdSSR-Deutschen“ (Nemcev SSSR literatura) diese Literatur vor 1917 als eine „vorwiegend kulakisch-pfäffische“ (v osnovnom kulacko-popovskaja) bezeichnet. [46, 880] W. Ekkert stößt – nach einer langen Pause – praktisch ins gleiche Horn, auch wenn er in der „pfäffisch-kulakischen“ Literatur einige „bürgerlich-liberale“ und „kleinbürgerlich-demokratische“ Züge ausmacht, vgl.: „Wenn einige Werke Kellers und Wahlbergs sprachlich und künstlerisch auch über der Mehrzahl der ,geistigen Massenproduktion standen, so muss doch festgestellt werden, dass diese ganze Literatur offen pfäffisch-kulakisch war, manche bürgerlich-liberalen Züge oder auch kleinbürgerlich-demokratische Tendenzen aufwies, die Autorität der Kirche und die kapitalistische Entwicklung im deutschen Dorfe unterstützte und sich bemühte, die deutschen Werktätigen vom Klassenkampf fernzuhalten.“ [8, 263] Selbst V. Klein und J. Warkentin, anerkannte Größen in der sowjetdeutschen Literatur, weisen auf den „religiösen und zarentreuen Anstrich“ der vorrevolutionären Literatur der Russlanddeutschen hin. [15, 157]

Im Klima von Repressionen, Zensur und engen künstlerischen Dogmata der Vor- und Nachkriegszeit, welche auch einige russlanddeutsche Autoren aufgriffen und auf ihre Fahnen schrieben, konnten von der offiziellen Linie abweichende Werke nur im Verborgenen oder im Ausland entstehen und existieren. Nur auf diese Weise gelang es solchen Wolgadeutschen Autoren wie F. v. Wahlberg, J. Schleuning, H. Härder, E. Müller-Hennig, A. Janecke, E. v. Liphart u.a. nennenswerte Werke zu schaffen, die in ihrer Gesamtheit immerhin eine Gegenströmung zu den literarischen Produkten des Sozialistischen Realismus bilden. Zu diesen Autoren gehören auch Georg Löbsack, dem die Flucht nach Deutschland gelang, wo er relativ früh an den Folgen seiner auf den Heeresdienst in der russischen Armee zurückgehenden Krankheiten starb, und Alexander Würtz, der in einem kommunistischen KZ in der Sowjetunion ums Leben kam.

Mit dem vorliegenden Buch wird der Versuch unternommen, die Namen Georg Löbsack und Alexander Würtz der Vergessenheit zu entreißen und der deutschen öffentlichkeit zu präsentieren.

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* Hier und im weiteren Text bedeuten die fett gestellten Zahlen in den eckigen Klammern die Nummer des Drucks im Literaturverzeichnis, die normal gesetzten nach dem Komma sind die Seitenzahlen. Verschiedene Quellen werden voneinander durch Semikolon getrennt.

** K. Ehrlich hat seine Biographie für das Lexikon selbst verfasst.


Inhalt

Vorwort des Verfasser

9

KAPITEL I. Georg Samuel Löbsack. Versuch einer Aufarbeitung
13

     Einleitung
15
     Aus dem Prediger-Seminar in die Zeitungsredaktion 23
     Im Freistaat Frank 29
     In der historischen Heimat 33
     Georg Löbsack und Josef Ponten. Fruchtbarer Briefwechsel 34
     Einsam kämpft das Wolgaland 38
     Die „Volkszeitung“. Wolgadeutsche Literatur 45
     Als Journalist in Deutschland 50
     Zusammentragen der Volksdichtung als Lebensaufgabe 57
          Die Kirgisenschlacht 59
          Der „schwarze Pastor“ 61
     Verse 63
     Aus dem literarischen Nachlass
     von Georg Samuel Löbsack
66
          Volksschicksal - nationaler Kulturgeist - Nation.
          Wolgadeutsche Studien
66
          Vergessene weltdeutsche Kriegstote 75
          Mit Russen in Reih' und Glied 81

KAPITEL II. Alexander Würtz. Ein Leben auf der Flucht
99

     Einleitung
101
     Aus dem literarischen Nachlass
     von Alexander Würtz (Wolgaer)
113

Literaturverzeichnis
306
Namenverzeichnis 313

Рецензии:

  1. Рецензия Г. Бельгера на книгу д-ра Р. Корна "Zwei Sänger der Wolga"