Geschichte der Wolgadeutschen

Письма из мест депортации (Казахстан, 1942 г.)


30. August 42. Gott mit Euch und auch mit uns! Liebe Kinder.

Wir sind wieder auf unserem alten Platz, wo Eure alten Eltern wohnen. Auch die Milusche ist wieder hier bei uns. Und da ist es schon der dritte Brief, den ich an Euch schreibe, aber bis jetzt noch keine Nachricht. Wir sind verstreut; die zwei Milusches sind mit ihren Kindern in der Ernte so 13 Kilometer draußen im Feld. Ich bin wieder krank, ich hab einen sehr schlimmen Fuß; die andern sind noch alle gesund, auch die Milusche mit ihren Kindern; uns geht es sehr kümmerlich. Als wir hierher kamen, da war es doch noch zum Leben. Da bekamen wir 3 Liter Milch den Tag und auf die Woche 7 Kilogramm roher Hersche. Aber vor jetzt bekommen wir gar nichts. Denn unser Kolchos ist sehr arm.

Eure alten Eltern sind noch gesund und es geht ihnen auch noch so ziemlich, gehungert haben sie noch nicht. Sonst übrigens kann ich Euch nichts berichten Kaufen für Geld kann man gar nichts, bloß für Kleidung, und die haben wir schon im vergangenen Winter verhandelt, so daß wir wenig Hoffnung haben, uns noch einmal auf dieser Welt zu sehen. Grämet Euch nur nicht so sehr, weil es uns so kümmer¬lich geht. Ich tröste mich mit dem Mann Gottes: Was Gott tut, das ist wohlgetan, was Gott schickt, will ich tragen, denn dieses Leiden wehrt nicht ewig, denn wir warten eines neuen Lebens in Ewigkeit. Somit will ich schließen und Euch alle herzlich grüßen. Ich brauche Euch doch die Adresse nicht mehr schicken, denn Ihr habt sie ja noch von Euren Eltern. Bleibt getreu bis in den Tod.

Karl Markus, Amen


… September.           Liebe Kinder!

Euren Brief vom Juni Monat ... haben wir die Tage erst bekommen, und daraus ersehen, wie es Euch geht und daß Ihr noch gesund seid gewesen beim Absenden Eures Briefes. Wir sind auch noch gesund, bloß die Mutter hat schlimme Augen, sieht auch sehr schwach. Ich arbeite: tue des Nachts wachen auf die Kartoffeläcker, die zwei Milusches arbeiten in die Ernte, nämlich Hersche mähen und auch dreschen. Die Milusche ist so gesund, daß sie noch nicht besser war, sie arbeitet wie ein Мужик [Mann]! Auch die Erna tut schon Beihilfe. Wir sind wieder auf unserem alten Platz. Das Geld, wo Ihr uns geschickt habt, haben wir alles richtig erhalten. Seitdem ich auf die Kartoffeläcker wache, haben wir Kartoffel satt zu essen, aber ohne Schmalz und kein Brot, nur Hersche Mehl da backt die Mutter Пышки [Kreble].

Weil ich so wenig Zeit hab zum Schreiben, will ich schließen und Euch alle herzlich grüßen mit dem Gruß: Friede sei mit Euch!

Lebet wohl!

Bis aufs frohe Wiedersehn!

Karl Markus, Amen.


8. November 42.           Liebes Kind.

Was mich heute bewegt zu schreiben, ist die Ursache: Ich hab gestern die 200 Rubel erhalten. Gebe Dir weiter zu wissen, daß wir wieder auf unserem ersten Platz sind. Gesund sind wir noch alle, geht aber immer noch schwach ohne Brot. Im Sommer ging es ja etwas besser, da gab es Milch heraus. Ich bekam eine Zeitlang meine 2 Liter Milch täglich. Dann später bis zum ersten Oktober war ich Сторож [Wächter] auf dem Kartoffel Огород [Feld]. Da haben wir Kartoffel gegessen so viel wir wollten satt, so daß ich mich etwas erholt habe. Vom 12. Oktober an bin ich wieder bei einer Sawot (?) Сторож (Wächter) des Nachts, da bekomme ich 167 Rubel den Monat und 800 грамм [Gramm] Mehl auf die Mama 250 грамм [Gramm] täglich. Weiter mache ich Dir bekannt, daß die Milusche mit ihren 2 Kindern bei uns ist, sie ist aber auch mobilisiert, aber bis jetzt ist sie noch nicht fort, muß aber alle Stunden bereit sein, wenn der приказ [Befehl] kommt, daß sie fertig ist.

Wir haben ja, ich und auch die 2 Mile [Milusche] im Kolchos gearbeitet, haben auch ziemlich Einheiten, aber bis jetzt noch kein Аванс [Lohnabschlag] herausbekommen. Wenn wir es noch alles herausbekomme ging es zur höchsten Not; natürlich zum satt essen, wird es nicht sein. Gott will machen, daß die Sachen gehen, wie es heilsam ist, daß die Welten schwellen, wenn Du nur bei Jesu bist. Ich will schließen und noch alle herzlich grüßen mit dem Gruß und Kuß der Liebe. Schreib, ob Du auch mobilisiert bist. Schreib uns, wie alt daß der Rudi ist. Wir sind nicht ganz im Klaren. Und wie ist sein Vater und was arbeitet er? Zum Schluß mit Gruß und Kuß

Karl Markus, Amen.

Павлодарская обл., Бескарагайский р-н, (Аг?)ачевский с. совет, Колхоз Кзыл-Жумун

Экспонат предоставлен: Нелли Клипперт

Дата размещения: 18.04.2018


Автор писем, представленных на этой странице, Карл Маркус. Он родился в 1875 г. в селе Лауве на Волге. На момент депортации немцев Карлу предстояла операция, поэтому его выселение состоялось позже. В результате, родители и дети оказались в разных областях Казахстана. Эти письма Карл Маркус писал из Павлодарской области своей дочери, которая жила в Алма-Атинской области. Зимой 1943 года Карл умер от голода. А чуть позже от голода умерла и его жена.

Письма сохранила внучка Карла Маркуса, Нелли Карловна Клипперт, которая и предоставила копии писем в виртуальный музей поволжских немцев.

Братья Маркус. Фото ок. 1912 г.
Johan Karl (09.04.1875), автор писем; August (09.03.1882),
в декабре 1912 г. эмигрировал в Америку; Georg Heinrich (04.03.1885).