Geschichte der Wolgadeutschen
WOLGADEUTSCHE MONATSHEFTE
Monatsschrift für Kultur und Wirtschaft der Wolgadeutschen
1924 Nr. 19/20, 21/22

Beitrag zur Geschichte der deutschen
Kolonien an der Wolga

„Die Heymannschen Dokumente“

Nachstehend veröffentlichen wir einige historische Dokumente, die eine wertvollen Beitrag zur Geschichte unserer Kolonien darstellen, da sie auf die früheste Periode unserer Kolonien bezug nehmen aus der wir ja leider nur spärliches Material und somit mangelhafte Nachrichten besitzen. Beim Lesen dieser Dokumente richtet sich unser Blick zurück auf die allerfrüheste Zeit der deutschen Wolgakolonien: wir schauen im Geiste jene Jahre, wo das Auswanderungsfieber nach Russland fast alle Schichten der Bevölkerung von ganz Deutschland ergriffen hatte. Russische Weber und Kommissare waren bis in die entlegensten Winkel unserer alten deutschen Heimat gedrungen, verbreiteten da das Manifest der russischen Kaiserin Katharina II. vom 22.Juli 1763, sowie zahlreiche Flugblätter, in denen die Wolgasteppen bei Saratow und Astrachan als ein neues gelobtes Land hoch gepriesen wurden, wo gleichsam Milch und Honig fließe und wo dem vielgeplagten armen deutschen Bauers- und Handwerksmann sich die Aussicht biete, ein stilles, ruhiges, glückliches Heim zu gründen. Kein Wunder, dass das Volk den Russischen Werbern in hellen Haufen zuströmte. Unten ihnen waren auch unsere Väter...

Diese Werber nun waren angestellt, teils von der russischen Krone selbst, teils von den drei Direktoren: Baron de Beauregard, de Boffe und Le Roy samt ihren Kameraden. In den Heymannschen Dokumenten ist es Daniel Heymann, der sich die Kolonien des Baron Beauregard um Katharinenstadt herum anwerben lässt. Die Dokumente zeigen uns, unter welchen Bedingungen und mit welchen rosigen Hoffnungen der Einwanderer mit seiner kleinen Familie nach Russland gegangen war.


Erste Dokument      Zweite Dokument      Dritte Dokument      Vierte Dokument


Beitrag zur Geschichte der deutschen Kolonien an der Wolga.
„Die Heymannschen Dokumente“.

Wolgadeutsche Monatshefte, 1924, Nr. 19/20, S. 93-97, Nr. 21/22, S. 121-123.


[↑] Das erste Dokument

enthält den Entlassungsschein Heymanns aus dem Dillenburgischen Untertanen verband. Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass die russischen Kommissare, wie aus dem zweiten Heymannschen Dokument zu ersehen ist, eigentliche nur solchen Auswanderer in die Zahl der Kolonisten aufnehmen durften, welche weder durch die Bande der Leibeigenschaft, noch wegen etwaiger Steuern und Abgaben an einer Auswanderung behindert waren; auch wenn überhaupt die Auswanderung aus dem betr. Lande durch die Landesregierung nicht verboten war. Jedoch nahmen die russischen Werber mit dergleichen Verboten und Gesetzen nicht allzu genau und schmuggelten gar manchen Kolonisten durch Deutschland bis nach der freien Stadt Lübeck und da aufs Schiff. Denn die Werber erhielten ihre Belohnung nach Anzahl der angeworbenen Kolonisten, und so gebrauchten sie allerlei Kniffe und übten alle erdenkliche List für ihre Menschenfangerei, und die russischen Regierungsvertreter im Auslande, sahen dem wohlwollend und schmunzelnd zu. Nicht alle Kolonisten hat die russische Regierung somit auf rechtmäßige Weise in ihr Land und an die Wolga gebracht. Heymann jedoch zog als ehrlicher, freier Mann ein. Er war imstande, einen Entlassungsschein aus seiner Heimat vorzuweisen; dieser Entlassungsschein lautet:

"Demnach Daniel Heymann zu Manderbach, Amts Heyger, Fürstentums Dillenburg, mit seiner Familie von hier ab und nach Rußland zu ziehen willens ist und daher um die erforderliche Dimissoriales geziemend angestanden, man auch demselben hierunter zu deferieren kein Bedenken findet; als werden ihm solche Kraft dieses hierdurch erteilet und er somit der Untertanenpflicht, womit derselbe hiesig gnädigster Landsherrschaft zugetan gewesen, entlassen.

Urkundlich gewöhnlicher Unterschrift und vorgedruckten größeren Regierungsinsiegels. Signatum Dillenburg den 17. Juli 1766.

Fürstlich Oranien Nassauische zur Landesregierung verordnete Präsident, Geheime Räthe, auch Geheime Justiz und Regierungsräthe.

Siegel.

Taxa 4 Fl.“


[↑] Das zweite Dokument

ist ein  Flugblatt mit der Beschreibung und Anpreisung aller der Vorzüge und Vorteile, welche den Kolonisten in Russland erwarten. Dieses Flugblatt wird Heymann wohl von einem Werber erhalten haben. Es lautet:

Beschreibung

derjenigen besonderen Vorzüge und großen Vorteile, welche Ihro Russisch Kaiserl. Majestät der am Wolga-Strom auf schweizerischem Fuß neu zu errichtenden und vor allen besonders privilegierten Kolonien, Katharinen-Lehn genannt, allergnädigst zufließen zu lassen, huldreich zu versichern geruhet.

Ihro Russisch-Kaiserl. Majestät und Selbstherrscherin aller Reußen haben dem Oberhaupte und Derecteur en chef, Herrn Baron Caneau de Beauregard, obbemeldte Colonie an beiden Seiten des großen und zum Comercio fürtrefflichen Wolgastroms in einer der vorteilhaftesten und fruchtbarsten Gegend mit ausländischen Familien zu besetzen, allergnädigst zu erlauben geruhet, und zwar in einer Landschaft zwischen dem 50. und 52 Grad Norder-Breite, unweit der Stadt Saratow, wessen Clima dem Lionischen in Frankreich beinahe ähnlich, und das am Ober-Rheinstrom weit übertrifft, dabei sehr gesund und überaus fruchtbar ist in einer schönen flachen Lage, wo eine schwarze und salpeterreiche Erde bald anderhalb, bald zwei und mehr Ellen tief, vermutlich aus der Fäulnis des Grases und der Kräuter entstanden, weil dieselbe seit vielen Jahrhunderten, und vielleicht noch niemals gepflüget worden, folglich zum Landbau und zur Erziehung allerlei Gattungen Früchte höchst bequem ist, sogar daß alle Aussaaten ohngedüngt sich fünfzehn- bis sechszehnfältig einerndten lassen, wie solches viele eigenhändige Briefe und Beschreibungen sowohl von Katholischen als Protestantischen Geistlichen, auch von verschiedenen andern Ausländern, welche sich bei einigen Tausenden in der umliegenden Gegend vor 4 Jahren bereits niedergelassen, sattsam bezeuget werden.

Zur Viehzucht findet sich allda ein unvergleichlich guter Wiesenwachs und das in Mannshöhe aufwachsende Gras steht bereits mit Ausgang des April-Monats Fuß hoch. Das Hornvieh, welches an Größe dem Holländischen gleichkommt, wird daselbst für 3, 4 bis 5 Rubel (ein Rubel ohngefähr der 4.Teil eines alten, und der 5. Teil eines neuen französischen Louis d’Or) das Stück verkauft. Ein Zug Ochsen bis 7 Rubel, ein Pferd von sehr guter Art, und welches in einem Tag 12-15 Meilen zurücklegen kann, kostet 4, 5, 6 und 7 Rubel; das allerschönste, und zwar von denen persischen Grenzen hergebrachte Pferd wird daselbst für 10, 12, 15 aufs höchste für 20 Rubel verkauft. Schafe von sehr großer Art sind auch um einen geringen Preis zu haben; derselben Wolle, wenn die Schafe nur von den Ziegenböcken abgehalten, und an gehörigen Orten geweidet werden, kann zur Verfertigung der schönsten und feinsten Tücher gebraucht werden.

Alle Arten von Getreiden und Früchten kommen daselbst nach Wunsch fort, nämlich Weizen, Korn, Gerste, Spelte, Tauben-Bohnen, Buchweizen, Haber, Hirsche, Erbsen, Linsen und dergl.; auch gerät der Hanf und Flachs daselbst unvergleichlich; nicht weniger der Tabak, der Farberoth oder sogenannte Krapp; selbst der Reis und die Baumwolle, wie auch die schönste und beste Seide, wie solches die im verwichenen Herbst an Allerhöchst Ihro Kaiserl. Majestät gesandte, und hernach in St. Petersburg gewebte Probe, von der in dasiger Gegend gewonnenen Seide, die an Glanz und Güte der französischen und piemontesischen vollkommen gleichkommt, zur Genüge ausweiset. Die Maulbeerbäume wachsen wild in den Inseln des Wolgaflusses, und in den Wäldern und Hölzungen findet man Kirsch und Mandelbäume, welche den Boden mit den Steinen ihrer Früchte überschütten.

Die Wälder und Felder sind voll von allerlei Geflügel und Wildprett, als Hasen, Auer-, Birk- und Rebhühner, wilde Tauben, Gänse. Enten und dergleichen. Man findet auch daselbst noch verschiedene Tiere, deren Pelzwerk sowohl, als das von dem schönen großen Rindvieh nach russischer Art zubereitete und weltberühmte Jucht´leder, einen großen Gewinn in der Handlung versprechen.

Der Wolgastrom ist überaus fischreich. Man findet darin Sandarten, Belugi oder Hausen, Stöhre, Sterletten, Barse, Hechte, ungeheure große Karpfen, udgl. sodaß die Bewohner dasiger Gegend sich täglich nach Wohlgefallen und für einen spottwohlfeilen Preis davon sättigen können.

Ein Pfund des besten Ochsen-Kalb-Schaf oder Hammelfleisch, wie auch Speck, kostet einen Kopeken. Für gleichen Preis bekommt man 10 Hühnereier; und allerlei Arten von Gartengewächsen, worunter Melonen, bringt das Land so überflüssig hervor, daß man sich daran sowohl im Winter als Sommer für einen geringen Preis zur Genüge sättigen kann.

Unter den Blumen, welche in dasiger Gegend in freien Feldern wachsen, zeigen sich sogar Tulpen, von Farbe violett und weiß, dunkel violett und weiß, gelb und violett, rot und weiß und gelb, imgleichen Hyazinten; in den Wiesen und Feldern wächset sogar Spargel von so guter Art, als selbiger in andern Ländern durch die geschicktesten Gärtner kaum hervorgebracht werden kann. Das Kräutlein Rührmichnichtan, und eine überaus große Menge anderer gesunden und wohlriechenden Kräuter, wovon eine ganze weitläufige Beschreibung übersandt und zu sehen ist, bringt dieser Erdboden gleichfalls hervor und die Blüte aller dieser Kräuter ist denen Bienen ungemein günstig, sodaß man schwerlich eine Gegend antrifft, wo so viel Honig und Wachs als in diesem gelobten Lande, durch die Sorgfalt guter und fleißiger Einwohner, eingesammelt werden kann.

Ein jeder wird also leicht erachten können, welche herrliche Vorteile in diesem Lande durch den Fleiß der neuen Einwohner, unter der allergnädigsten Beihilfe und Vorschüsse Ihro Kaiserl. Majestät, wie auch vermittelst der guten Vorsorge und Einrichtung, welche der Chef dieses Etablissements zum Nutzen allerlei Gattungen von Handwerksleuten, Künstlern, Fabrikanten, und fürnehmlich fleißiger in der Landwirtschaft erfahrener Ackersleute, anwendet, künftig zu erwarten sein, zumal da diese Gegend bereits durch die Natur vor vielen anderen Ländern mit so vielfältigen und zur Erquickung dienenden Lebensbedürfnissen gesegnet ist, und, vermittelst der Schifffahrt auf der Wolga, zum Transport der Waren, nicht nur nach der Nord- und Ostsee, sondern auch nach dem Kaspischen Meer, und folglich nach Persien, und über den Don-Strom nach dem Palus Meötides, dem Schwarzen Meer und der Mittelländischen See, und also rund um Europa ein vorteilhaftes Commercium in Gang zu bringen, überaus bequem lieget.

Man wohnet bei dem allen, wie bereits erwehnet, unter dem gesundsten Clima, in einem Lande, wo der Winter kaum drei Monate zu merkenn ist, und selbst in dieser Jahreszeit kann man allerlei Waren, für 75 Copeken pr. Zentner, bis nach St.Petersburg auf Schlitten transportieren lassen.

Am rechten Ufer der Wolga, gegenüber der auf dem linken Ufer neu zu erbauenden Stadt, und 64 Dörfern, liegen die schönsten und zum Weinbau sehr bequem mit Kreide und Mergel angefüllten Gegenden und Berge, welche schon einige Proben vom herrlichsten roten und weißen Wein, dem Alicantischen ähnlich, ausgeliefert haben.

Zu eines jeden nach seinem Stand und Fähigkeiten erwünschten glücklichen Schiksal, zu Einrichtung einer guten Mannszucht, und zur Aufnahme, Blühung und Fortpflanzung allerlei Künste und nützlichen Handwerken, verstatten Ihro Kaiserl. Majestät vermittelst einer bei dem Reichs-Senate eingeleibten Ukase oder Manifest, und nachgehendst an den Chef dieses Etablissements allergnädigst einwilligten und unter Allerhöchst Kaiserl. eigenhändigen Unterschrift und beigedruckten Kronsiegel bekräftigten Kontrakts:

I. Allen und jeden sich in dieser Colonie niedergelassenen Ausländern sowohl als deren Kindern, wenn sie auch gleich in Rußland geboren werden, eine dreißigjährige von allen Kaiserlichen Kron-Abgaben und Crohn-Diensten freie Frist und nach Verfließung derselben eine Gleichheit mit den alten Einwohnern des Reiches in Ansehung der sehr mäßigen Kronabgaben und sehr leidlichen Landesdiensten.

II. Die Glückseligkeit einer vollkommenen und ungekränkten Religions- und Gewissenfreiheit, sowohl für Katholische als Lutherische und Reformierte Religions-Verwandten; zu welchem Ende, und damit ein jeder seinen Gottesdienst nach den Lehrsätzen und Gebräuchen seiner Kirche ausüben könne, nicht nur den Aufbau von Kirchen mit Glocken-Türmen, sonder auch die dazu nötigen Geistlichen, Schul- und Lehrmeister verstattet werden.

III. Stehet es auch jedem frei, sich nach seinem Wohlgefallen zu allen Zeiten nebst seiner Familie und wohlerworbenen Vermögen widerum aus dem russischen Reiche zu begeben, wenn er zuvor die für ihn verwandten Kron-Gelder und zu seiner Niederlassung angewandten Vorschüsse erstattet, imgleichen vor seiner Abreise, wenn desselben dasiger Aufenthalt sich nicht über 5 Jahre erstreckt, 20 pro Zentum (jedoch nur 10 von Hundert), wenn aber derselbe länger denn 5 Jahre im Lande gewohnet, 10 pro Cent. abgetragen haben wird.

IV. Außer der zollfreien Einfuhr alles desjenigen, was jede Familie mit sich an eigentümlichen Gütern und Effecten, wie nicht weniger alles zu ihrem eigenen Gebrauch dienliche ins Reich zu bringen haben wird, verstatten Ihro Kaiserl. Majestät gleiche Zollfreiheit für 300 Rubel an Waren oder Gutem zum Verkauf mitzubringen, mit der Bedingung allein, daß wenn etwa eine oder andere Familie vor Verfließung der ersten 10 Jahre sich aus Rußland begeben wollte, dieselbe erwähnt Zollgerechtigkeit für obbemeldete 300 Rubel an Waren nachzubezahlen verpflichtet sei.

V. ist der Kolonie erlaubt, ihre eigen Wochen- und Jahr-Markte an den dazu bequemsten Oertern anzulegen, auch zugleich ihre innern Landesproducten und in der Kolonie verfertigten Waren 10 Jahre aus dem Reiche zu führen, ohne während dieser Zeit einigen Zoll dafür an die hohe Krone zu entrichten, welche 10 Frei-Jahre Ihro Kaiserl. Majestät vorzüglich dieser Kolonie allergnädigst zu bewilligen geruhet.

VI. Erhalten diese neuen Colonisten auf der ganzen Reise zu ihrem täglichen Unterhalt und Transport bis nach St. Petersburg nicht allein einen hinlänglichen Vorschuß, sondern werden auch von da weiter bis an den Ort ihrer Niederlassung auf Kosten Ihro Kaiserl. Majestät gratis transportiert und verpfleget. Wie dann auch denenjenigen, nach deren Ankunft in dem Orte des Etablissements zu ihrem täglichen Unterhalt der nötige Vorschuß getan, selbst noch ein ganzes Jahr nach Erbauung und in wohnbaren Stand gestellter Häuser, wozu gleichfalls die benötigten Vorschüsse gestattet und gnädigst verrechnet werden, nicht weniger zu Erbauung der Ställe und Scheuren, Anschaffung der benötigten Pferde, Kühe, Schafe, Ziegen, Schweine, Feder-Vieh als auch Wagen, Pflüge, Zeug und Instrumenten nebst allerlei Arten von Sommer- und Winteraussaaten, Garten-Gewächse und andere Kleinigkeiten, alles nach Maasgabe der an jeder Familie zum erblichen Besitz und Nutzung erteileten Ländereien und nach der Anzahl der Personen, welche ihre Familie ausmachten. Wie solches der mit jeder Familie errichtete Contract des mehreren ausweiset.

VII. Gestatten Ihro Kaiserl. Majestät, aus besondern Allerhöchsten Gnaden, dem erwehnten Directeur und Chef dieser Colonie, in derselben verschiedene Standespersonen auf- und anzunehmen mit Beibehaltung ihrer in andern Reichen und Ländern erworbenen Range und Charakters imgleichen zu Einrichtung einer guten Manns-Zucht auf Schweizerischen Fuß, eigenen Jurisdiction und innerlichen Policey, respektive Obristen, Drosten, Obrist-Lieutenants, Amtsleute, Majors, Landvögte, Hauptmanns, Lieutenants, Ober- oder Unter ..., bey der Colonie anzustellen.

VIII. Jede verheiratete oder über 20 Jahre alt (diese und die folgenden Stellen mit gesperrter Schrift sind rekonstruiert, um den ungefähren Sinn wiederzugeben, da ein Stück des vorliegenden Dokuments fehlt) seiende Mannsperson bekömmt von seinem Aufnahmetag als Colonist zum täglichen Unterhalt 4 gute Groschen oder 16 Kreuzer.

Eine Weibsperson sowie eine Frauensperson über 16 bis 18 Jahr alt, erhält 2½ gute Groschen oder 10 Kreuzer. Ebenso verhält es sich in Ansehung eines Jünglings von 16 bis unter 20 Jahren alt. Kinder ohne Unterschied des Geschlechts erhalten ein und ein halben gute Groschen oder 6 Kreuzer.

Desgleichen zum Transport jeder Person, wie auch ihrer Sachen freie Fuhren auf der Reise bis Lübeck oder bis Petersburg zu Schiff sowie die nach dem erwehnten Fuß festgesetzte Unterhaltungsgelder bis zur beendigten Reise, zu 5. Stunden des Tages.

IX. Wird jeder Familie am Orte der Niederlassung eine genügende Anzahl Deciantinen Land angewiesen werden, ebenfalls Unterstützungen zu den erforderlichen Aussaaten, Vieh, Bau- und Hausgerätschaften, jedem nach Maßgabe seiner Fähigkeiten und nach der Anzahl Personen, die seine Familie ausmachen.

X. Sollen die für den Transport bis an den Bestimmungsort von Petersburg anzuwendenden Unkosten nie wieder zurückerstattet werden .... verwandten Vorschüsse auf jede De ... Copeken oder ungefähr 5 Kreutzer ...

Nach Ablauf der ersten 10 Wohnungsjahre in Katharinen-Lehn erstattet jeder die fernern Vorschüsse für seine Familie oder nach Größe der ihr zugeteilten Ländereien in den darauffolgenden 3 Jahren, mithin in 3 jährigen unempfindlichen Abgaben und nennt sein eigen Haus und Hof, nebst den allerfruchtbarsten Ländereien.

XI. .... huldreichsten Gnade und übergroßen Bey-...sten und zu der Colonie und eines jeden ... zu gewinnen und zu ersparen sein.

Mithin alle diejenigen, so sich noch frühzeitig anmelden, und in dieser Colonie zugelassen werden, sowohl für sich selbst als für ihre Erben, die sonsten vielleicht ein elendes und mühseliges Leben würden geführt haben, ein ruhiges, vergnügtes und gutes Leben erwarten und sich versprechen können umsomehr, da man jederzeit die größten Bemühungen anwenden wird, die Wohlfahrt sämtlicher Colonisten immer mehr und mehr zu befestigen, auch geschickte Lehrer, um die Jugend in allerlei guten nützlichen Wissenschaften zu unterrichten, herbeyzuschaffen, wie denn auch bereits sehr geschickte Mathematici, Doktores, Wundärzte, Accoucheurs und Hebammen, imgleichen mehr andere dem gemeinen Wesen nützliche und nötige Personen unter sehr guten Besoldungen, teils angenommen sind, teils noch angenommen werden.

XII. Uebrigens versteht man unter der Benennung einer Familie Mann und Frau nebst ihren Kindern, so viel sie immer haben mögen, die männlichen unter 20 und die weiblichen unter 18 Jahren.

Zwei ledige Mannspersonen zwischen 20 und 48 Jahren und 4 ledige Frauenspersonen zwischen 18 und 40 Jahren, wenn ein oder anderer nur keinen hauptsächlichen Fehler zu Fortpflanzung der Kolonie und gutem Lebenswandel zuwider unterworfen ist, machen auch eine Familie aus.

Alle diejenigen beiderlei Geschlechts, welche Lust haben, sich obbemelder herrlichen Vortheil teilhaft zu machen, können sich anmelden zu Schloß Feuerbach ohnweit Friedberg in der Wetterau, von wannen die ersten Transporten mit dem 3. des Monats Marti bis September 176? abgehen werden, und woselbst ihnen auch, nach Vorweisung ihrer Pässe oder Freischeine von etwaniger ihrer Leibeigenschaft und sonstigen herrschaftlichen Abgaben, täglich die versprochenen Reisegelder ausgezahlt und gute Vorsorge für dieselben getragen werden soll.

N.B. Die Reise von Lübeck bis nach Petersburg geschiehet bei günstigem Wetter in 6-7 à 10 Tagen, und von dort bis nach Katharinen-Lehn währet die Reise zu Wasser auf dem Wolgastrom und zu Land 5 à 6 Wochen, fürnehmlich wenn man ... liegenden Städten und Dörfern nimmt ... Tage à 3 Wochen, doch kann man die....

Copia der eigenhändigen Unterschrift des Ihro Kaiserl. Majestät im Haag accreditierten russischen Gesandten.

Wir Alexander von Woronzow, Ihro Kaiserl. Majestät aller Reußen bei denen Herren General-Staaten, gegenwärtig accreditirten Gesandte, bestätigen nach Vorlegung dieses daß alle in diesem hier oben erwähnten Privilegia auf Grund des Manifestes Ihro Kaiserl. Majestät vom 22. Juli 1763 angedeutet seyn. Zum Beweis haben wir diesen Prospectus gegenwätrgie Certifikation erteilet und mit Siegel und Namensunterschrift bekräftigt.

Haag, den 23. August 1765.

L. S.

Graf Alexander von Woronzow.


Flugblatt.


[↑] Das dritte Dokument

enthält einen Kontrakt oder eine Übereinkunft zwischen dem Baron Beauregard und Daniel Heymann mit Angabe der Bedingungen, unter welchen letzterer in Katharinen-Lehn Aufnahme findet. Ein gleichlautender Kontrakt zwischen Beauregard und dem Kolonist Memme hat Pastor Kufeld schon vor Jahren im Friedensboten 1901 Nr. 6 veröffentlicht. Der Heymannsche Kontrakt lautet:

"Heute zu Ende gesetzten Dato ist folgende Konvention zwischen Endesbenannten getroffen und beschlossen worden:

Nämlich, es verspricht Herr Baron Caneau de Beauregard, Chef und Directeur der von Seiner Russ. Kaiserl. Majestät ihm allergnädigst anvertrauten Kolonie Katharinen-Lehn genannt, am Wolgastrom in Rußland, durch mich dem von ihm und dem zweiten bevollmächtigten Herrn Otto Friedrich von Monjou autorisierten Kommissarium Johann Friedrich Wilhelm v. Nolting, zu Schloß Feuerbach, in der Wetterau ohnweit Friedberg gelegen, den gegenwärtigen Inhaber dieser Konvention, namens Daniel Heymann, alt 37 Jahr, gebürtig von Manderbach im Dillenburgischen, seiner Frauen, zweien Söhnen und einer Tochter.

1. Zu der Reise von Schloß Feuerbach in der Wetterau bis Lübeck, dem man täglich, um davon den Unterhalt zu haben 15 Kr., seiner Frau 10 Kr., den mannbaren Kindern jedem 10 Kr. und den unmündigen jeden 6 Kr., von dem Tag der Abreise zu rechnen, bis zu der Ankunft in Petersburg vorschießen und richtig abreichen zu lassen, welche der Empfänger oder seine Erben und Nachkommen nebst denen zu seinem Etablissementen etwa noch erforderlichen ferneren Vorschußgeldern oder Sachen nach Ablauf der ersten 10 Wohnungsjahre in Katharinen-Lehn, in denen 3 darauffolgenden Jahren mithin in drei Terminen, jeden zu ein Drittel gerechnet, jedoch ohne Interessen oder pro Cente, wieder zu bezahlen schuldig und verbunden ist. Diejenige Transportkosten, so von Petersburg bis an den Ort seiner Niederlassung erforderlich sind ausgenommen, als welche auf seiner kaiserlichen Majestät alleinige Rechnung geschehe, folglich nie wieder erstattet werden soll. Begebe sich

2. daß der Empfänger oder die Seinen vor Ablauf der ersten 10 Jahre das russische Reich – wie ihnen freisteht – wieder zu verlassen gedächte, so erlege der oder dieselbe ebenfalls nicht mehr als der Reisevorschuß, der ihm oder ihnen bis Petersburg getan worden, folglich bleiben die Transportspesen von Petersburg bis Katherinen-Lehn an dem Ort seiner Wohnung ihm oder ihnen auch auf diesen Fall erlassen und geschenkt, und wird außer obig § 1 gemeldeten anderen ohne interessenstehenden Reis- und Vorschußgelder, nicht weiter von ihnen gefordert, als der fünfte Pfenning von dem während seines Aufenthaltes in Katharinen-Lehn erworbenen, keineswegs aber von ihm dahin gebrachten Vermögen als welches in jeder Zeit abzugfrei bleibt. Hält hingegen der Kolonist oder die seinigen über fünf Jahre sich in Katharinen-Lehn auf, so entrichtet er oder sie nur den zehnten Pfennig, ebenfalls nur von demdaselbst erorberten Vermögen.

3. Jeder Kolonist findet, auf Verlangen, einen fernen baren Vorschuß zum Anbau seines Hauses, Scheuren, Ställen und drgl. item zu Anschaffung nötiger Gerätschaften, Instrumenten, Handwerkszeug, Wagen und andern Schif und Geschirr, Pferde oder anderen Zugviehes, Kühen, Schafen, Ziegen, Schweinen, Federvieh und dergl. zu seiner Einrichtung nötiger Dinge, wie auch die erste Winter- und Sommeraussaat, nach dem Maß der jetem zugeteilten Länderei. Mit Wiedererstattung derlei Vorschüsse wird es gehalten, wie oben § 1 und 2 vermeldet ist.

4. Ist jeder Kolonist nebst den Seinen 30 Jahre von allen russischen Reichsabgaben und Frohndiensten, sie mögen schon jetzo oder in besagten 30 Jahren eingeführt sein, völlig befreit, mithin dergleichen ohnehin sehr leidliche Abgaben an die Kaiserl. Kassa erst nach Ablauf gedachter 30 Jahre zu leisten gehalten.

5. Jedem Kolonisten vor sich und die Seinige für 300 Rubel Wert an Waren und Gütern und dergl. bei seinem Anzug, mit ins Land zu nehmen und zu verkaufen erlaubt, und solche Effekten so wie alle übrige ihre Habseligkeiten (Kaufmannswaren womit ein Handel getriben werden will über gedachte 300 Rubel laufend, ausgenommen) zollfrei sein.

6. Die Kolonisten behalten nicht allein ihre Religions- und Gewissensfreiheit, sondern es werden denen selben, und zwar den katholischen, luthereischen und reformierten, Religionszugetanen jeder Partie solcher Glaubensgenossen eigene öffentliche Kirche mit Türmen, Glocken und Zubehör (aber keine Klöster) erbauet, und ihnen Pfarrer und Kirchendiener, soviel die Größe der Gemeinden erfordert zu bestellen überlassen. Ebenfalls soll

7. an wohlbestellten öffentlichen Schulen von jeder Religion kein Mangel erscheinen wie dann auch

8. an Medicis, Chirurges und anderen zuleiblichen Gesundheitspflege in wohlbestellten Staaten erforderlichen Personen es niemandem und nirgends ermangeln wird.

9. Ein jedes Haupt oder Vater einer Familie erhält vor sich und die Seinen so viel Land an Ackern, Wiesen, Holzung und drgl. von der besten und fruchtbarsten Art, da zu der ganzen Familie Unterhalt und Gebrauch immer vonnöten, zu erblichem Eigentum, wie mit gegenwärtigen Vorzeiger dieser Convention am Ende derselben schriftlich ausgemacht ist.

10. Wenn einer der jetzo neu angefangenden Kolonisten erwachsene Kinder mit in das Land bringen und diese sich verheiraten oder sonst eigenes anfangen sollten, so wird deren Etablissement und Einrichtung ebenso als wie bei gegenwärtigen geschiet gesorgt werden. Dargegen wird sich

11. der Kolonist während seines Aufenthalts in Rußland als ein treuer Untertan Sein. Kais. Majestät aufführen, mithin deren Kais. Landes-Gesetzen und Ordnungen, auch denen in den Kolonien errichteten Polizei – Verfügungen, in allen hier nicht ausbedungenen Stücken, behörig untergeben. Weniger nicht

12. von seinen sämtlichen Landesprodukten dem jedesmaligen Chef der Kolonie den Zehenden zu allerhand nützlichen Einrichtungen in derselben, jedes Jahr getreulich abgeben und liefern, weniger nicht demselben sotane seine verkaufen wollende Früchte und Produkten zum Verkauf anbieten und um den Preis als er einem dritten dafür haben konnte, wenn solcher dem Chef anständig, gegen baare Zahlung überlassen.

Zu Urkund, Legitimation dieses allen, ist gegenwärtig gedruckte Übereinkunft, nach Art eines förmlichen Kontrakts von beiden Teilen unterzeichnet und jedem Exemplar zugestellt worden. So geschehen Schloß Feuerbach in der Wetterau den 26. Juli 1766.

Gleichwie nun eingangs benannter Kolonist sich alle denen, in vorstehender Konvention, demselben vorgeschriebenen Bedingungen, vor sich, alle seine Erben und Nachkommen, als ein getreuer Untertan Ihro Russisch-Kaiserl. Majestät in pflichtschuldiger Untertänigkeit gern und freiwillig unterwirft und dagegen alle die ihm hierzu zu gute verordneten Vorteile zu gewärtigen hat; so sind demselben in der Russisch-Kaiserl.-Kolonie Katharinen-Lehn nach Anweisung des 9-ten § dieser Konvention achtzig sage 80 Morgen Erb und Eigentümlichen Gut kraft habender Vollmacht hierdurch zu gesichert und verschrieben worden, worüber derselbe nach seiner Ankunft in Lübeck von einem Hochverordneten Herrn Directeur dieser Kolonie die Konfirmation zu gewarten hat. Geschehen wie oben gemeldet.

Johann Friedrich Wilhelm von Nolting


[↑] Das vierte Dokument

ist eine schriftliche Verpflichtung Heymanns der geschlossenen Übereinkunft getreulich nachzukommen, unter anderem auch an den Direktor Baron Beauregard den 10.Teil des Landertrages abzuzahlen, demselben auch das Vorrecht beim Verkauf der Produkte einzuräumen. Die Kronskolonisten waren bekanntlich frei von der Abgabe dieses Zehnten. Als daher die Direktorenkolonisten in Lübeck und später auf russischen Boden in Oranienbaum mit den Kronskolonisten zusammentrafen und vernahmen, dass sie im Vergleich mit diesen im Nachteil durch eben diesen Zehnten sind, glaubten sie sich von den Direktoren hintergangen und mit denselben in ein Verhältnis gesetzt, das dem zwischen Leibeigenen und Edelmann nicht ganz unähnlich sähe. Sie verlangten daher die Aufhebung dieser Bedingung in bezug auf den Zehnten. Nur mühsam ließen sie sich beschwichtigen, indem die Direktoren ihnen das nichtssagende, Versprechen machten, vor der Tutel-Kanzlei ganz besonders die Rechte ihrer Kolonisten zu schützen, damit sie zum vollen Genuss alle der Rechte gelangen, welche ihnen durch das Manifest zugesichert seien. Wir lesen das in Punkt 5 der Heimannschen Verpflichtung. Doch gab gerade der Zehnte sofort in den ersten Jahren nach der Einwanderung Anlass zu großen Misshelligkeiten zwischen den Direktoren und ihren Kolonisten bis die Krone endlich, des vielen Haders müde, den Streitigkeiten dadurch ein Ende machte, dass sie den Direktoren eine Entschädigung auszahlte, ihre Kolonien an sich nahm, die Direktorenkolonisten in allen Stücken den Kronskolonisten gleichstellte und von der Abgabe des Zehnten befreite.

Die schriftliche Verpflichtung Heimanns lautet also:

„1. Verspreche ich Unterschriebener Daniel Heymann und verbinde mich sowohl als die Person von meiner Frau Elisabeth Noheim alt 30 Jahr, Sohn Tobias, alt 16 Jahr, Johannes alt 5 Jahr, Tochter Anna Christin, alt 3 Jahre, daß ich den von mir dem Herrn Baron Caneau de Beauregrad, Oberhaupt der neuen Kolonie Ausländer, genannt Katharinen-Lehn, in der Gegend wo es Ihro Kaiserl. Majestät und Selbstbeherrscherinn aller Reussen, deselben allergnädigst zugestanden hatte, anzuweisenden Teil und District Ländereien, zu der Größe zu 20 Dessatinen dessen jede ungefähr drei französische Morgen von Einhundert Quadrat-Ruten a achtzehn Fuß, oder vier deutsche Morgen von Einhundert achtig Quadrat-Ruten a 12 rheinländische Fuß, ausmachen, getreulich bewohnen und zu meinem Etablissement in der Kolonie auf schweizerischen Fuß gehörig bearbeiten und kultivieren will.

2. Daß weder ich noch die Meinigen vorbenannten Länderchen ohne Erlaubnis meines obenerwähnten Oberhauptes verlassen will, um anders wohin, es sei wo es wolle, zu begeben und zu etablieren, vielmehr will ich mich daselbst, so wie es einem ehrlichen Manne geziemt, verhalten und aufführen und ich nicht nur denen jetzigen und künftigen Gesetzen des Reiches, sondern auch denen für die Kolonie besonders festgestellten Reglementen und innerlichen Verfassungen unterwerfen.

3. Daß ich den Betrag der Unkosten meines Transports und des Unterhalts als auch den für mich meine Frau und 3 Kinder zu Petersburg nebst allen anderen zu meinem Etablissement verwandten Vorschußgeldern, nach dem Sinne der Kaiserlichen Ukasen und Manifeste, nähmlich nach Verfließung der ersten 10 Jahre, in drei Terminen, jedoch ohne einige Zinsen an die hohe Krone wieder ersetzen und restituieren will; zu solcher Restitution werde ich a dato contribuieren, so viel für mich und die Meinigen laut unserer ausgestellten und von den nach unserer Ankunft in Rußland noch zu erhaltenden Sachen auszustellenden Quittungen usw. unsere Gemeinde, bestehende in 8 Familien auf den Fuß und nach dem im 5. Art. beschriebenen Erläuterung, wieder zu erstatten schuldig sein wird. Ich will mich ferner allen denjenigen Maßregeln, welche der Chef der Kolonie überhaupt zu vorgemerkten Schuldtilgung anberahmen wird gleich in allen anderen Anordnungen welche zum gemeinen Besten dieses Etablissements gemacht werden möchten.

4. Daß ich, zu denen jährlichen Verschuldungen und verpflichteten Renten, an vorbemeldeten Chef und Oberhaupt der Kolonie oder an seinen Erben, den Zehnten meiner Produkte abzugeben schuldig sei. Auch soll Derselbe bei dem Verkauf all meiner Produkte die Prefference und das Vorrecht haben, jedoch unter der Bedingung, daß Er, oder nach Ihm seine Erben, für die zu übernehmenden Produkten eben so viel bezahle, als ich dafür von jemand anders sollte habhaft werden können.

5. Daß mit dagegen zum Transport meiner Person, und zum Unterhalt sowohl für mich und meine Familie auf den durch mehrbenannten Chef in Kraft seines Kontraks festgestellten Fuß und alle weiteren von Ihro Kaiserl. Majestät allergnädigst beleibten Unterstützung a rato der Anzahl der Personen meiner Familie, und nach Proportionen der Größe der an mich zum Besitz übergebenen Ländereien, werde verliehen und gegeben werden; auch daß ich an der für die Kolonie zu formierenden Masse Teil haben möge, es sei zum Anbau meiner Wohnung sowohl als auch der erforderlichen Aussaaten, Lebensmittel, allerlei Arten von Vieh, Instrumenten, Bau- und Hausgerätschaften, gleichfalls auf den Fuß und nach dem Maße wie es von dem Chef unter den verschieden Aus- und Einteilungen für ein und andere Kolonisten in jeglicher Gemeinde und in Absicht der an mir zu verwilligen Länderein festgesetzt worden ist.

6. Daß ich und die Meinigen sowohl, wie die anderen Kolonisten-Familien diese Etablissements die in Ihro Kaiserl. Majestät allergnädigsten Manifest ausgedrückten Privilegia und Vorrechte mit zu genießen haben müsse. Daß gemeldeter Chef mich und die Meinigen, soviel an Ihm ist beschirme, sich unserer bei der Kaiserl. Tutel-Kanzlei, oder wo es sonsten sein möge, durch behörige Virstellungen annehme, und die Mitteln erleichtern helfe, zum Genuß derjenigen Vorteile gelangen zu können, welche wegen Ihro Kaiserl. Majestät einer jeden seiner Kolonisten-Familie zugestandenen Zollfreiheit zu erwarten stehen, wobei ich mich an Seiten meiner allen Verabstaltungen und Anordnungen, die deshalb gemacht und anberahmt werden möchten, willig unterwerfe, und mir davon weiter nichts, als den reinen Nutzen vorbehalte.

7. Daß er mir auch verstatte und behilflich sei, wenn ich dienlich fände, sowohl selbsten als auch mit meiner Familie Rußland wieder zu verlassen, meine Effekten und die bei der Kolonie erübrigten Vorteile ungehindert mitzunehmen; jedoch nur soweit, als es nachdem Inhalt des Kaiserl. Majestätes Manifestes zugestanden und erlaubt worden ist, imgleichen daß ich vorher meine Versprechungen und die Verpflichtungen meines Kontraks erfüllet haben müsse, wobei ich mir gleichwohl ausbedinge, was zu unserm Transport und Unterhalt von St. Petersburg bis in loco des Etablissements erforderlich gewesen, angesehen Ihro Kaiserl. Majestät diese Gelder ohne Wiederersetzung allergnädigst eingewilligt haben.

In Kraft diese hat ein jeder von uns gegenwärtigen Kontrakt besonders unterzeichnet, und davon 3 gleichlautende Exemplare gegen einander abgegeben.

Geschehen in Lübeck, heute, den 14 August 1766 in Gegenwart: Nikolaus Schintgen, Johann Michael Kurzmann, glaichfalls Kolonisten dieses Etablissements, und von Gezeugen hiezu reuqirirt: Nikolaus Schintgen, Johann Michael Kurzmann, Jean Sebastian Schultheis.

Gas de Frieleux, Major.               Daniel Heymann.


Wolgadeutsche Monatshefte, 1924, Nr. 19/20, S. 93-97, Nr. 21/22, S. 121-123.