Wetter- und Bauernregeln
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Abgedruckt im:

Friedensboten-Kalender. 1908.

1. Friedensboten-Kalender
auf das Jahr nach Ch. Geburt 1908.

Talowka bei Saratow.


Bauernkalender für 1921.

2. Bauernkalender für 1921.
Gebietsabteilung für
Staatsverlagswesen, Marxstadt.


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Kommentare und Anmerkungen vom Andreas Idt, Deutschland




INHALT

Januar   Februar   März   April   Mai   Juni   Juli   August   September   Oktober   November   Dezember

Wetter-Kennzeichen

Das Verhältnis der Wolgakolonisten zur Natur



     Januar der Eismonat

Januar muss vor Kälte knacken,
Wenn die Ernte soll gut sacken.

Die Neujahrsnacht still und klar,
Deutet auf ein gutes Jahr.

Heil´ge drei Könige [1] mild und lind,
Kommt starker Frost darauf geschwind.

Januar Schnee zu Hauf,
Bauer, halt den Sack auf.

Januar warm, dass Gott erbarm,
Viel Regen, wenig Schnee
Tut Ackern und Baumen weh. (FBK - Friedensboten-Kalender)

Im Januar viel Regen, wenig Schnee,
Tut Bergen, Tälern und Bäumen weh.

Was dem Januar am Schnee gefehlt,
Oft der weiße März erzählt.

Donnert´s im Januar überm Feld,
So kommt später große Kält´.

An Fabian Sebastian [2]
Fängt der Baum zu wachsen an. (FBK)

     Februar oder Hornung

Scheint zu Lichtmeß [3] die Sonne heiß,
Gibt´s noch sehr viel Schnee und Eis.

Lichtmeß im Klee,
Ostern im Schnee.

Wenn´s im Hornung nicht recht Schneit,
So kommt die Kälte zur Osterzeit. (FBK)

Zu Lichtmeß hat der Bauer lieber,
Den Wolf im Stalle als die Sonne.

Rauer Nord (Wind) im Februar,
Meldet an ein fruchtbar Jahr.
Wenn er aber jetzt nicht will,
Bläst er sicher im April.

     März oder Lenzmonat

Märzenwinde, Aprilregen,
Verheißen im Mai großen Segen.

Säh´st du im März zu früh,
Ist´s oft verlor´ne Müh.

Goldes wert ist Märzensstaub,
Wenn er bringt uns Gras und Laub.

Feuchter und fauler März,
Ist die Bauern Schmerz.

Ein feuchter März ist der Bauern Schmerz.
Heiterer März ist der Lämmer Scherz. (FBK)

Trockener März, nasser April, kühler Mai,
Füllet Keller, Boden und macht viel Heu.

     April oder Grasmonat

Wenn der April Spektakel macht,
Gibt´s Heu und Korn in voller Pracht.

Donnert´s im April,
So hat der Reif sein Ziel.

Der dürre trockene April
Ist nicht der Bauern Will,
Sondern Aprillenregen
Ist ihnen gar gelegen.

Bringt der April viel Regen,
So deutet es auf Segen.

Donner im April
Ist des Bauern Will.

Schickt auch April noch Schnee und Wind,
Der Frühling schreitet doch geschwind. (FBK)

     Mai oder Wonnenmonat

Viel Gewitter im Mai,
Singt der Bauer Juchhei.

Trockener Mai, dürres Jahr.

Abendtau und kühl im Mai
Bringt viel Wein und Heu.

Aus trockenem Mai
Kommt nasser Juni herbei.

Maientau macht grüne Au;
Maienfröste unnütze Gäste.

Wenn im Mai die Wachteln schlagen,
Läuten sie von Regentagen.

Meiregen auf die Saaten,
Dann regnet es Dukaten.

Blüte schnell und ohne Regen,
Verspricht beim Obste reichen Segen. (FBK)

Die Luft so mild, der Himmel blau
Und Blüt und Duft auf jeder Au.
Gleichwie am Auferstehungsmorgen
Vergessen sind des Lebens Sorgen. (FBK)

     Juni oder Brachmonat

Auf den Juni kommt es an,
Ob die Ernte soll bestahn.

Wenn der Kuckuck noch lange nach Johanni [4] schreit,
Ruft er Misswachs und teuere Zeit.

Wie´s wettert am Medardustag [5],
bleibt es 6 Wochen lang danach.

Juni trocken mehr als nass,
Füllt mit gutem Wein das Fass.

Brachmonat allzu naß
Leert Scheunen und Faß. (FBK)

Sankt Fortunat [6]
Zum Wein ein Wort zu sagen hat. (FBK)

Vor Johanni bitt um Regen,
Nachher kommt er ungelegen.

Die Bienen, die vor Johanni schwärmen,
Sind besser als die nach Johannis.

     Juli oder Heumonat

Wechseln im Juli stets Regen und Sonnenschein,
So wird im nächsten Jahr die Ernte reichlich sein.

Hundstage [7] hell und klar,
Zeigen an ein gutes Jahr.

Gewitter in der Vollmondzeit
Verkünden Regen weit und breit.

Nur in der Juliglut
Wird Obst und Wein dir gut.

Fällt vor Jakobi [8] die Blüte vom Kraut,
Wird keine gute Kartoffel erbaut.

Im Juli muss vor Hitze braten,
Was im September soll geraten.

Dem Sommer sind Donnerwetter nicht
Schande, Sie nützen der Luft und dem Lande. (FBK)

Es donnert, blitzt in einem fort,
Und drohend nahn die Wolken dort,
Wer sich von jeder Schuld fühlt rein,
Der schrecket nicht der Blitze Schein. (FBK)

     August oder Erntemonat

Was Juli und August nicht kochen,
Lässt der September ungebraten.

August Anfangs heiß,
Winter lang und weiß.

Wie Bartholomätag [9] sich hält,
So ist der ganze Herbst bestellt.

Mariä Himmelfahrt [10] Sonnenschein,
Bringt viel und guten Wein. (FBK)

Meienstaub und Augustkot
Machen teuer uns das Brot.

Wenn die Spinne ihr Netz zerreißt,
Kommt schlecht Wetter allemeist.

     September oder Herbstmonat

September - Regen
Für Saat und Reben
Dem Bauer gelegen.

Septemberdonner prophezeit
Vielen Schnee zur Weihnachtszeit.

Regnet´s am Michaelistag [11]
So folgt ein milder Winter nach.

Wenn Michaelis der Wind von Norden und Osten weht,
Ein harter Winter zu erwarten steht.

Donnert´s im September noch,
Wird der Schnee um Weihnacht hoch.

Was der August nicht kocht,
Wird der September nicht braten. (FBK)

Wer sich nicht nach der Decke streckt,
Dem bleiben die Füße unbedeckt. (FBK)

     Oktober oder Weinmonat

Ist der Oktober kalt,
So macht er für´s nächste Jahr dem Raupenfraß halt.

Viel regen im Oktober und November
Bringt einen windreichen Dezember.

Fällt der erste Schnee in Dreck,
So bleibt der ganze Winter ein Geck.

Bringt Oktober Frost und Wind,
Wird der Januar gelind.

Ist Oktober warm und fein,
Kommt ein warmer Winter drein.

Wenn Sankt Gallus [12] den Butten trägt,
Ist´s ein schlecht Zeichen für den Wein. (FBK)

Viel Nebel im Herbst,
Viel Schnee im Winter. (FBK)

     November oder Windmonat

Wenn am Martini [13] Nebel sind,
Wird der Winter meist gelind.

Scheint Martinstag die Sonne voll,
Ein harter Winter folgen soll. (FBK)

Je mehr Schnee im November fällt,
Um so fruchtbringender wird das Feld.

St. Elisabeth [14] sagt´s an,
Was der Winter für ein Mann

Andreas [15] Schnee,
Tut dem Korn und Weizen weh.

November viel Naß,
Auf den Wiesen viel Gras.

Zeigt November sich im Schnee,
Bringt er reiche Frucht und Klee.

Viel und langer Schnee -
Schwere Frucht und dichten Klee. (FBK)

     Dezember oder Christmonat

Dezember kalt mit Schnee,
Gibt Korn auf jeder Höh.

Eine gute Decke Schnee
Bringt das Winterkorn in die Höh. (FBK)

Ist´s in der heiligen Nacht [16] hell und Klar,
So gibt´s ein segenreiches Jahr.

Ist es windig an Weihnachtstagen [17],
So sollen die bäume viel Früchte tragen.

Dezember veränderlich und lind,
Der ganze Winter ein Kind.

Weihnachten nass - gibt leere Speicher und Fass.

Ist´s zu Weihnachten klar und lind,
Kommt zu Ostern [18] Schnee und Wind.


Kommentare und Anmerkungen:

[1] 6. Januar. Der Dreikönigstag (Богоявление, Крещение Господне, День трех королей-волхвов, Эпифания) war - ähnlich wie die Osternacht - früher ein traditioneller Tauftag. Im Gedenken an die Taufe findet daher die Dreikönigswasserweihe statt. Mit dem geweihten Wasser, das meist einige Tage lang in der Kirche abgeholt werden kann, werden die Häuser und Wohnungen gesegnet. Geweiht werden Salz, Weihrauch und Kreide. Salz, weil es schal gewordenes Wasser wieder lebendig macht, Weihrauch als Zeichen des Gebetes, das zu Gott aufsteigt, und die Kreide für den Haussegen. Sie schreiben dann die drei Buchstaben "C+M+B" und die Jahreszahl mit Kreide an die Haustüren. Die für das "Christus Mansionem Benedicat" stehen - Christus segne diese Wohnung.

[2] 20. Januar. Fabian - romischer Bischof ( 236 n. Ch.) und Sebastian - der Legende nach Hauptmann der Prätorianergarde am kaiserlichen Hof Diokletians, sind christliche Märtyrer.

[3] 2. Februar. Kath Mariä Lichtmaß (Сретение Господне). Das Fest der "Darstellung des Herrn" wird vierzig Tage nach Weihnachten als Abschluss der weihnachtlichen Feste gefeiert.

[4] 24. Juni. Johannes, der Täufer ( Рождество Иоанна Крестителя). Johannes taufte Jesus im Jordan, wobei die besondere Sendung Jesu und seine Göttlichkeit zum ersten Mal öffentlich offenbar wurde: "Aus dem Himmel erscholl eine Stimme: 'Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.'" (Lukasevangelium 3, 24).

[5] 8. Juni. St. Medardus, Heiliger (475 - 560). Seine hingebungsvolle Liebe zu Armen und Notleidenden ließ ihn schon früh weite Verehrung finden. Die Legende erzählt, wie Medardus bei einer Wanderung übers Feld von einem Gewitter überrascht wurde und ein Adler kam, der ihn mit seinen Schwingen vor dem Nasswerden schützte.

[6] 1. Juni. St. Fortunatus, Priester zu Turrita, der Diöcese Spoleto im Kirchenstaate. Von ihm gesagt wird, er sei durch Tugenden und Wunder berühmt gewesen.

[7] 23.07 - 24.08 "Hundstage" ist die Bezeichnung für eine Schönwetterperiode, die nach dem Hundsstern Sirius, der Anfang August mit der Sonne auf- und untergeht, benannt wurde. Sie hat sich im Lauf der Jahrhunderte etwas verschoben, denn heute liegen sie meist schon in der Julimitte. Während des Zeitraums der Hundstage liegt in der Regel ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa, welches sehr heißes Wetter mit sich bringt und sie zu den heißesten Tagen des Jahres macht.

[8] 25. Juli. Jakob(us) der Ältere, Apostel (святой Апостол Иаков), der unter dem Kreuze Christi stand. Sein Bruder war der Lieblingsjünger Johannes. Man nannte die beiden ihres lebhaften Temperaments wegen die "Donnersöhne". Jakobus erlitt als erster Apostel den Märtyrertod.

[9] 24. August. Bartholomäus, Apostel (День святого Варфоломея). Nach Jesu Tod und Auferstehung zog der Apostel als Wanderprediger durch Armenien, Mesopotamien und Indien. Berühmt wurde er vor allem durch seine Fähigkeit, "Besessene" zu heilen. So soll die Tochter des Königs von Armenien durch ihn wieder gesund geworden sein, was dazu führte, dass die ganze armenische Königsfamilie christlich wurde (Die Armenier waren das erste Volk, das in seiner Gesamtheit christlich wurde). Bartholomäus starb als Märtyrer.

[10] 15. August. An Mariä Himmelfahrt (Успение Пресвятой Богородицы) beginnen in der katholischen Kirche die "Frauendreißiger" - 30 Tage, in denen allerorten Marienprozessionen abgehalten wurden. Auch der Gedenktage Mariä Geburt am 8. September fällt in den Zeitraum dieser 30 Tage, die mit Mariä Namen am 12. September abgeschlossen werden. In dieser Zeit besonderer Marienverehrung wird allen Pflanzen, die gerade blühen, große Heilkraft zugeschrieben.

[11] 29. September. Michael, Erzengel (Архангел Михаил) gilt als Vorkämpfer der Gott treu gebliebenen Engel gegen Luzifer, der sich gegen Gott aufgelehnt hatte. Der Michaels-Kult verbreitete sich über das ganze Abendland.

[12] 16. Oktober. Sankt Gallus (550-640), Mönch, Glaubensbote am Bodensee.

[13] 11. November. St. Martin von Tours (316 - 397), Heiliger. "Bischof der Armen", wie er genannt wurde. Der Tag des Begräbnisses, der 11. November, wurde zu seinem Gedenktag.

[14] 19. November. St. Elisabeth von Thüringen (von Ungarn) [1207 - 1231], Heilige. Die große Wohltäterin ist Patronin der Caritas, der Witwen und Waisen, der Bettler, Notleidenden und Kranken sowie der unschuldig Verfolgten.

[15] 30. November. Andreas, Apostel (Святой Апостол Андрей, ум. ок. 60 н.э.) ist der erste namentlich genannte Jünger Jesu. Er lebte als Fischer war ein älterer Bruder des Simon-Petrus und ursprünglich ein Jünger Johannes des Täufers. Andreas zählt zu den meistverehrten Heiligen. Er ist Schutzheiliger von Schottland, Russland und Griechenland, Patron der Fischer und Fischhändler, der Seiler, der Wasserträger und wurde als Helfer gegen Gicht und Halsschmerzen angerufen.

[16] Nacht vom 24. auf 25. Dezember. Der Heilige Abend (Сочельник), umgangssprachlich kurz Heiligabend genannt, ist der Vorabend des Weihnachtsfestes. Er ist der letzte Tag der Adventszeit.

[17] 25-26.Dezember (Weihnachten) bis Neujahr. Die Weihnachtsfeiertage gelten in den meisten abendländisch geprägten Ländern als das wichtigste Fest im Jahr. Zu dem hat es sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelt. Die Weihnachtsfeiertage sind eine Zeit, in der traditionell die Mitglieder der Familie zusammenkommen. Verwandten und Freunden macht man Geschenke. Dabei fällt das Weihnachtsfest gelegentlich auch mit dem Neujahrsfest zusammen, wie das russische Jolka-Feste.

[18] Ostern gehört zu den beweglichen Festen, deren Datum jedes Jahr anders ist. Alle beweglichen christlichen Feiertage werden vom Ostersonntag aus berechnet. Der Ostersonntag ist der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond (Vollmond, damit es an Karfreitag nie mehr eine Sonnenfinsternis geben kann).



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